Teil eines Werkes 
Bd. 1, Teil 3 (1914) Die Kunstdenkmäler des Kreises Ruppin / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz ...
Entstehung
Seite
LVIII
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Bucheinbände.

Steinplaſtik.

LVͤlll Ruppin.

artig gemuſterten Füllung. Die ziemlich zahlreich vorhandenen großen Schränke ſtammen wohl alle aus den Seeſtädten des norddeutſchen Tieflandes, wie Danzig und Hamburg , zum Teil wohl auch aus Friesland . Die ſonderlich Danziger poly­gonale Verkröpfung des Hauptgeſimſes fehlt allerdings, wie auch das Danziger Wappen ſelbſt. Die durchweg zweiflügeligen Schränke ſind in älterer Zeit mit Dreiviertelſäulen, ſpäter mit reichverzierten Pilaſtern beſetzt. Auch die verſchieden­artigen, von großen einfachen zu zierlicheren und weicheren Formen übergehenden Verkröpfungen der Füllungsprofile ſowie die Schablonierung des Hauptgeſimſes und die Beſchlagformen laſſen den ziemlich ſtetigen Wandel vom ſchweren robuſten Barock bis zum leichten ſchmiegſamen Rokoko verfolgen. Die ſpäteren Erzeugniſſe aus der Empirezeit zeigen zwar eine ſtarke Anderung aber keine Verbeſſerung des Geſchmacks, wie ein Vergleich zwiſchen dem mit Intarſien verſehenen Schrank von Hoppenrade und dem älteren von Plänitz lehrt.

Auch Kommoden, namentlich von ſpäteren geſchweiften Formen, ſowie Stand: uhren, kommen mehrfach vor, ſo in Plänitz und Hoppenrade .

Die gewöhnliche Art der Bretterſtühle iſt verhältnismäßig ſelten; dafür beſitzt aber Neuruppin in der Sammlung des Stadtrats Bergemann ein höchſt ſeltenes und ſchönes Stück mit Seitenlehnen von 1583, dem hundertjährigen Geburtsjahre Luthers, daher wohlLutherſtuhl genannt. Zwei andere datierte ſind in Nietwerder (1686) und Wuſterhauſen (1678).

Beachtenswerte Leſepulte für kirchliche Zwecke finden ſich zu Hoppenrade und Neuſtadt.

Als kirchliches Kleingerät ſeien hier ferner angeſchloſſen drei an Kanzeln be feſtigte Sanduhren zu Bechlin, Hoppenrade und Meſeberg , ſowie die beiden barock geſchnitzten Sammellöffel zu SGranfee.

Wertvolle Beiſpiele von Bucheinbänden, ein älterer des 16. Jahrhunderts in der Kirchenbibliothek zu Wuſterhauſen und ein neuerer im Rathauſe von 1741 in Neuruppin , ſind in Abbildungen wiedergegeben.

Der einzige, beſonders durch ſeine Seltenheit ausgezeichnete Brokatſtoff zu Lindow klingt in der Kompoſitionsweiſe zwar ſtark an gewiſſe mittelalterliche Ent würfe an, iſt indeſſen wegen ſeiner Einzelausbildung nicht, wie Seite 133 angegeben, dem 14., ſondern früheſtens dem 17. Jahrhundert zuzuſchreiben. Gepreßte Samte mit Granatapfelmuſter aus ſpätgotiſcher Zeit find in Granſee an geiſtlichen Gewändern vertreten und zum Teil mit reichen Stickereien beſetzt.

Plaſtik.

Die mittelalterliche Steinplaſtik hat uns im Chore der Dominikanerkirche zu Neuruppin eine kleine Anzahl von Werken hinterlaſſen, unter denen ſich zwei ſeltene und an Kunſtwert bedeutende befinden. An erſter Stelle ſteht das Retabulum des Hauptaltars mit ſeinen ſechs Hochreliefdarſtellungen aus dem Leben Chriſti. Die zum Teil recht anſprechenden Köpfe, die würdige, von Manier noch freie Haltung der Körper, der ruhige, von Knitterfalten noch nicht durchſetzte Faltenwurf, ſind nicht