Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
256
Einzelbild herunterladen

Bemerkungen über Schopenhauers Lehre.

lich aufhört, sondern sich gegen sich selbst wendet: Entsagung und Askese, d. h. Selbstpeinigung, sind immer vereint. Ueber die Schwierigkeit, dass die As­kese ein höchst energisches Wollen voraussetzt, daher mit dem Mangel an Fürsorge für den Leib aus Willens­schwäche nur äussere Aehnlichkeit hat, geht Schopen­hauer stillschweigend weg. Er ist zufrieden damit, den Uebergang zur Erfahrung gefunden zu haben, und schildert nun das Verhalten der Asketen oder Weltüberwinder nach christlichen und buddhistischen Quellen.

Schopenhauers Lehre hat einen entschieden reli­giösen Anstrich, und sie soll ihn nach seiner Absicht haben, d. h. sie ist Heilslehre, Jede Religion ist eine Antwort auf die Frage: Was soll ich thun, dass ich selig werde? Jede Religion ist demnach individuell­eudämonistisch, und Schopenhauer hätte besser gethan, sich offen auf diesen Standpunkt zu stellen, während er mit den Erklärungen, die Individualität und der Egoismus seien dem Willen nur in der Bejahung eigen, würden durch die Verneinung nichtig, u. S. W., nur Verwirrung schuf. Die Religionen verlegen die Seligkeit in die Zukunft nach dem Tode, sofern wie sie exoterisch sind. Schopenhauer thut dasselbe; was aber dort erklärlich ist, das schickt sich für den Philo­sophen nicht. Legt man alle Zuthaten bei Seite, so sagt jede religiöse Lehre: Thue das, was ich dir sage, und du wirst selig sein. Im Grunde ist gerade ı die Religion eine Sache der Erfahrung, denn es heisst, ver­sucht es nur, so werdet ihr sehen, was daran ist.