Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
266
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Bemerkungen über Schopenhauers Lehre.

der vor allem Vernünfteln vorhandene Charakter. Nur soviel ist zuzugeben, dass die Erinnerung an die Be­friedigung durch selbstlose Handlungen dem Guten eine Hilfe werden kann, sodass sie in einem gegebenen Falle ihm das Opfer erleichtert. Wollen die Rigoristen darin einen unzulässigen Eudämonismus sehen, so mögen sie die Natur oder Gott anklagen. In Wahr­heit gehört diese Einrichtung zur Zweckmässigkeit der Natur, und sie giebt der religiösen Auffassung ihr Recht. In dem hier dargelegten Sinne ist die Religion als Heilslehre eine Einrichtung zur Förderung und Steigerung der Moralität einerseits, zur Erleichterung und Verklärung des Lebens andererseits. Beide Seiten gehören zusammen. Die Verkündigung, dass durch selbstloses Handeln das Heil erworben werde, kann Tugend und Heiligkeit nicht schaffen, aber sie kann dem zur Tugend oder Heiligkeit Veranlagten das Activ­werden seiner Anlagen erleichtern, kann ihm SOozu­sagen die ersten Schritte erleichtern und kann ihn auf seinem Wege stützen.

Das 49. Capitel im Ergänzungsbande zum Haupt­werke Schopenhauers handelt von derHeilsordnung. Es ist sehr merkwürdig, weil es zeigt, wie sehr das Leben Schopenhauers Auffassung verändert hat. Wäh­rend im Anfange alles Werden ein trügerischer Schein war, allem Geschehen die metaphysische Bedeutung abgesprochen wurde, abgesehen von der einzigen Aus­nahme, dem Wunder der Wiedergeburt, erscheint hier das Leben als eine zweckmässige Veranstaltung, um uns zur Verneinung zu führen, und die Führung un­