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ein allgemeines Interesse beanspruchen dürfen. Am 21. Mai ließ der Besitzer, Herr Jäger in Kemnitz, auf seinem Acker Steine roden. Die Arbeiter stießen dabei auf Nrnenscherben und auch auf Knochen. Wie es in solchen Fällen unvermeidlich ist, fiel die erste Urne, die auf solche Weise aufgedeckt wurde, der Zerstörung anheim. Doch besteht die Aussicht, daß die aufgesammelten Scherben sich so weit zusammensetzen lassen werden, daß die Form der Urne zu erkennen ist. Herr Jäger ließ die Arbeit des Steinerodens nun mit großer Vorsicht weiterführen, sodaß es gelang, zwei schöne, regelmäßige Steinpackungen freizulegen, in deren jede, wenn auch durch Druck zerstört, sich eine Urne befand, davon eine mit einem Deckel versehen war, während die andere ein Beigefäß hatte. Die Urnen reichen in eine verhältnismäßig frühe Zeit zurück, in die 3.—4. Periode der Bronzezeit, gehören also etwa in das 12. Jahrhundert vor Christi. Schon im Jahre 1913 wurde auf dem Grundstück des Herrn Fritz Bolkmann in Wilmersdorf ein Urnenfeld aus der gleichen Zeit gefunden. Es gelang damals, etwa 20 Gräber freizulegen. Die Urnen entsprachen genau den Formen der in Kemnitz gefundenen und enthielten nur sehr wenige Bronzebeigaben. Bei der Kemnitzer Ausgrabung hat sich bisher auch nur ein ganz kleiner Bronzering gefunden. Jedenfalls aber läßt sich jetzt schon die wichtige Tatsache verzeichnen, daß zwei so nahe gelegenen Ortschaften vor mehr als dreitausend Jahren gleichzeitig besiedelt waren. Hoffentlich kann die Kemnitzer Ausgrabung im Herbst fortgeführt werden, damit in unserem nächsten Heft sie und der vor 12 Jahren in Wilmersdorf ausgegrabene Friedhof ausführlich besprochen werden können..
A. v. Auers Wald.
Der Paläontologe.
Von Jörg Lechler.
ve mortuis nil nwi bene, über die Toten nur Gutes, das mag recht sein, solange man nicht daraus Anlaß nimmt, Pessimist zu werden. In den Zeitungsnachrufen ist stets nur von „herzensguten" Verstorbenen die Rede, und man möchte verzagen, weil nur die Schlechten übrig bleiben.
Ich möchte heute einem alten Germanen einen Nachruf widmen, an dessen Grabe ich gestanden! — Ueberhaupt die alten Germanen! Wir meinen immer „Barbaren", nur deshalb, weil wir uns nicht die Mühe nehmen, sie und ihre Kultur kennen zu lernen. Was sollte auch aus unserer eigenen Heimat Gutes kommen! — Nun, von so einem alten Barbaren, der vor 22 Hundert Jahren die Augen schloß, soll hier die Rede sein. Zwei Stunden haben wir gegraben, behutsam sein Grab freigelegt. Kegelförmig ist die Urne von zahlreichen Steinen umsetzt und zugedeckt. Die Steine kamen beiseite und die Urne mit den letzten sterblichen Resten ins Museum.
Das Grab eines Wissenschaftlers war's gewesen, eines, der mit offenen, beobachtenden Augen durch die Natur ging und sammelte. In Großwirschleben war sein Grab und seine Heimat. Stunden davon liegt Bernburg an der Saale und dahin ist er oft gepilgert, denn da war es interessant. Die Saale hatte sich hier tief in die oligozänen Kalksteinschichten eingesressen. In diesem Kalkstein gab es viel zu studieren. Als nämlich der Kalkstein noch Meeresgrund war vor aber Millionen Jahren, da hatten sich in seinen Rissen Muschel und Schneckengehäuse abgelagert, die von Sand bedeckt, in diesen versteinerten. Diese Petrefakten sammelte unser Freund und suchte immer wieder, um seine Sammlung um eine neue Art zu bereichern. Dies Sammeln war seine Lieblingsbeschäftigung.
Von den lebenden Schnecken wollte er keine Sammlung anlegen, das interessierte ihn nicht, wo er aber eine Sorte fand, die einer der versteinerten ähnlich war, nahm er sie als Vergleichsstück mit. Weil ihm nun seine