Issue 
(1891) 66
Page
289
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image

lieber Klimaschwankungen.

289

ist, von der Lage der Lustdruckmapima und -Minima zu hören, und die darauf ge­bauten Voraussagungen mit mehr oder weniger Unglauben zur Kenntniß zu nehmen, so sind diese Verhältnisse doch so verwickelt, daß auf eine nähere Erläuterung hier verzichtet werden muß; es wird vielmehr genügen, zu sagen, daß auch die Luft- druckvertheilung, wie man sie an einer großen Anzahl Stationen verfolgen kann, eine solche ist, daß sie mit dem entdeckten Periodengang stimmt. In den warmen und trockenen Perioden sind die Luftdruckunterschiede zwischen Meer und Land größer als in den feuchten; dadurch wird der Einfluß des Meeres auf das Land eingeschränkt, das Klima wird continentaler. Umgekehrt in den feuchten Perioden.

Damit sind wir am Schlüsse angelangt. Das Klima schwankt und mit ihm Ernten, Flüsse, Seen und Gletscher. Die Perioden sind ungefähr fünf­unddreißig bis sechsunddreißig Jahre lang; der Ausschlag ist keineswegs un­bedeutend. Darüber kann fürderhin kein Zweifel mehr bestehen. Aber wo liegt die Ursache? Die Luftdruckvertheilung selbst ist nichts Primäres, sondern selbst wieder eine Folge. Aber wovon? Es bleibt nichts übrig, als an jene Kraft zu denken, welche überall in dem Spiel der irdischen Naturkräfte das thätige Princip, den Motor darstellt, der alle die complicirten Einzelmaschinen in Gang bringt und darin erhält, nämlich die Wärmeausstrahlung der Sonne. Wenn die Intensität der Sonnenstrahlung periodisch schwankt, so - erklärt sich daraus die Verschiedenheit der Luftdruckvertheilung, und damit die Schwankung des Witterungscharakters, in zweiter Linie die der Flüsse, Seen und Gletscher. Irgend eine physikalische oder astronomische Beobachtung über eine entsprechende Ungleichheit der Sonnenstrahlung liegt bis jetzt nicht vor. Das kann aber die Beweiskraft der Brückner'schen Zusammenstellungen nicht schwächen. Nur eines scheint gewiß: die Sonncnfleckenperiode ist es nicht, auf welche die Klima­schwankungen zurückzuführen sind.

Ueber die Bedeutung der Entdeckung braucht es nun Wohl nicht mehr vieler Worte. Vor Allem sind die Betrachtungen über angebliche Klimaänderungen aus einen neuen Boden zu stellen. Eine statistische Zusammenstellung ergibt das erheiternde Resultat, daß auch die Ansichten, ob das Klima der Erde trockener oder feuchter werde, im selben Sinne schwanken wie das Klima selbst. Um 1870, nach den Erfahrungen einer sehr scharf ausgesprochenen Trockenperiode, war die allgemeine Stimme dafür, daß die Erde im Austrocknen begriffen sei. Zwanzig Jahre vorher war das Entgegengesetzte der Fall; man glaubte ebenso allgemein, die Erde kühle aus. Und so wird es auch kein Zufall sein, wenn gegenwärtig, wo die Schweizer Gletscher wieder Vorgehen, und eine Reihe kühler und regnerischer Sommer das reisende Publicum belästigt hat, den Gelehrten die Ansicht unter­schoben wird, die Eiszeit kehre wieder, obwohl dies meines Wissens von keiner competenten Persönlichkeit jemals ausgesprochen worden ist.

Es gibt Erdstriche, für Welche die Klimaschwankungen sehr ernsthafte An­gelegenheiten sind. Im Inneren Sibiriens, sowie im großen Bassin, dem trockensten Theil von Nordamerika, bringt eine Trockenperiode sicherlich Miß­ernten, Mangel an Berieselungswasser und damit eine bedeutende Einschränkung des nutzbaren Bodens mit sich. Umgekehrt ruft die nasse Periode in vielen

Deutschs Rundschau. XVII, 5. 19