Issue 
(1891) 66
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Das Universitätsstudium der Neueren Kunstgeschichte.

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rühmtheiten auf Kosten Derer emporheben, von denen das wirklich Große geleistet worden ist. Der Raphaelsaal Friedrich Wilhelm's IV. hinter Sanssouci enthält einen Theil der Nachbildungen, die ursprünglich in Berlin stehen und wirken sollten.

Bei der nothwendigen Beschränkung der öffentlichen Ausgaben gerieth dies Project in Vergessenheit, und auch für die Vermehrung des Museums ward wenig ausgegeben. Noch unter dem in Ausgaben für Kunst fast verschwenderischen Friedrich Wilhelm IV. herrschte hier Sparsamkeit. Erst unter dem Einflüsse Kaiser Friedrich's als Kronprinzen begann die Periode des sich steigernden Auf­wandes, und die heute vorhandenen Reichthümer wurden gekauft.

Nun trat auch eine Vermehrung des Beamtenstandes ein und mit ihr der der Kritik der Neueren Kunst sich widmenden wissenschaftlichen Arbeit. In gleichem Schritte mit beidem bildete sich auf den Deutschen Universitäten eine der Neueren Kunstgeschichte dienende gelehrte Bewegung. Auf der Berliner, wie auf anderen Universitäten waren Vorlesungen über Neuere Kunstgeschichte zwar längst gehalten, nirgends aber als unentbehrlich angesehen oder in den Facultäten vertreten worden. Diese Zustände erfuhren eine tiefgehende Veränderung.

Ich bin an dem Emporkommen des kunsthistorischen Studiums an unseren Universitäten betheiligt gewesen. Ich habe dafür agitirt und anfangs Niemanden in diesen Bestrebungen gegen mich gehabt. Ich habe erlebt, wie die Neuere Kunst­geschichte aus der Sphäre schriftstellerischer Privatarbeit einzelner ausgezeichneter Schriftsteller heraus zu einer festen Wissenschaft erhoben wurde, deren Centrum Berlin wurde. Es ging etwa so wie im Anfänge unseres Jahrhunderts, als Welker die Archäologie zu einem besonderen Fache erhob. Ueberzeugt, daß die wissenschaftliche Arbeit der Knnstgelehrten der Controls der Philologen und Historiker zu unterstellen sei, habilitirte ich mich um 1870 in Berlin bei schon höheren Jahren als Privatdocent der Neueren Kunstgeschichte. Der Kronprinz befürwortete dann die Gründung eines Ordinariates (wie deren an anderen Universitäten längst bestanden) und ich wurde dafür ernannt.

Beim Eintritte in die Facultät fand ich eine Einrichtung vor, mit der ich nicht einverstanden war: ich hatte Geschichte der Neueren Kunst als eine Disciplin angesehen, die in den allgemeinen Rahmen derGeschichte" gehörte. Statt dessen wurde auf der Berliner Universität mit meinem Eintritte ein neues Fach der Neueren Kunstgeschichte" begründet. Mir erschien dies jedoch als eine Aeußerlich- keit, die ich ohne Weiteres über mich ergehen ließ. Als Gesuche von Doctorirenden kamen, welche in Neuerer Kunstgeschichte als Nebenfach examinirt zu werden wünschten, unterzog ich mich der Abhaltung dieser Examina. Endlich kam auch Jemand, der denKunsthistorischen Doctor" zu machen wünschte. Da dies amtlich gestattet war, konnte ich nichts einwenden, und so sind ein oder zwei dieser Doctoren aus der Berliner Universität hervorgegangen. Damals wurde in der Facultät festgestellt, daß bei den Prüfungen für das Doctorat der Neueren Kunstgeschichte ein Examen in klassischer Archäologie nicht zu umgehen sei, und es schien mir, daß die Dinge wieder in Ordnung gesetzt worden seien. Meiner Ueberzeugung zufolge, die ich meinen Collegen auch nie verhehlt habe, ist Neuere Kunstgeschichte kein Fach für sich, sondern eine historische Hilfswissenschaft, und