Literarische Rundschau.
Hans Meyer's Forschungsreisen im Kilimandscharogebiet.
Ostafrikanische Gletfcherfahrten. Forschungsreisen im Kilimandscharogebiet von vr.
Hans Meyer. Mit drei Karten und Illustrationen. Leipzig, Duncker L Humblot.
1890.
Im vorliegenden Werke ist das Resultat einer hochinteressanten Reise niedergelegt, und ich nehme vorweg, daß der Inhalt ganz der prächtigen Ausstattung entspricht.
vr. Hans Meyer fuhrt sich selbst als ein erfahrener Bergsteiger ein; er kennt die Alpen, den Hymalaya, Südindien und Ceylon, hat „in die Krater der Vulcane Javas geschaut", die Philippinen, die Gewässer von China und Japan befahren, in Calisornien und Mexiko Kreuz- und Quersahrten gemacht und auch schon in Südafrika die Cap- eolonie, die Diamantselder, Transvaal und Natal besucht. — Die hier geschilderte Reise nach dem Kilimandscharo in Ostasrika ist schon die dritte nach jenen Gegenden unternommene, und darum nicht zu verwundern, wenn die ganze Expedition mit so großer Umsicht angelegt, so planvoll durchgeführt ward und ein nach jeder Richtung so sehr befriedigendes Ergebniß geliefert hat.
Während der ersten Reise 1876 nach dem Bergriesen Kilimandscharo in der deutschen Interessensphäre erreichte vr. Hans Meyer die Höhe von fünftausend Meter, vermochte aber die Spitze des Kibo, wie der eine Gipfel des Berges heißt, nicht zu „nehmen". Die zweite Expedition war 1888 geplant. Dieselbe scheiterte aber bekanntlich gänzlich während des Ausstandes und endete sogar mit der Gefangennahme der Reisenden durch Buschiri.
In der Einleitung seines Buches gibt vr. Hans Meyer eine Geschichte der Erforschung des Kilimandscharo und kommt zu der Ansicht, daß das „Mondgebirge" der Alten nicht der Ruvenzori Stanley's, sondern zweifellos der Kilimandscharo sei, wie das Mondgebirge des Ptolemäus nichts Anderes als das abessinische Hochgebirge sein könne. Ein Jrrthum ist es aber, wenn der Verfasser weiterhin meint, daß Unjamwesi, oder nach meiner Ansicht besser „Unjamuesi", nichts mit „Mond" zu thun habe. Die Wanjamuesi sagen selbst „tullt rvantu rva musst", wir sind Leute des Mondes. Die erste bestimmte Nachricht von der Existenz des Kilimandscharo, sagt der Verfasser weiter, erhielten wir im Anfänge des sechzehnten Jahrhunderts von einem Portugiesen. Erst dem deutschen Missionar Rebmann war es vergönnt, den Kilimandscharo leibhaftig zu sehen. Auch Krapf sah ihn bald daraus. Der Londoner Geograph Desborugh Boolay bewies dann freilich den beiden Missionaren und der ganzen Welt, daß ein Schneeberg unter dem Aequator unmöglich sei, und versuchte die Entdecker lächerlich zu machen, ein Schicksal, dem seine Bücherweisheit jetzt selbst anheimgesallen ist. Den Schilderungen von H. H. Johnston und O. E. Ehlers weist vr. Meyer Unrichtigkeiten nach.