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Deutsche Rundschau.
Welcher ihm die bevorstehende Ankunft eines von Chartum kommenden Dampfers anzeigte. Eilig brach er, in directer Richtung auf Lado zu marschirend, dorthin auf.
Cafati läßt sich über Emin sehr günstig aus: „Seine verständnißvolle Thätigkeit bei der Neuordnung des Landes wurde von günstigem Erfolge sgekrönt. Er regelte die Verwaltung, er unterdrückte eingewurzelte Mißbräuche und wachte über die Entwicklung der Lebenskräfte der Provinz. Umgeben von ungeschickten Leuten von erprobter Unehrlichkeit, wußte er durch unermüdliche Wachsamkeit und feinen Scharfblick die Befugnisse eines jeden abzugrenzen und, soweit es thunlich War, ihren schädigenden Einfluß zu beschränken. Beamte von schlechter Führung sortzuschicken und sie durch andere von besseren Fähigkeiten und besserer Haltung zu ersetzen, war ihm nicht möglich, da die ägyptische Regierung gerade Lado als eine Strafcolonie Aegyptens und des Sudan ansah." Mit diesen letzten Worten widerlegt Cafati ganz gründlich Stanley's Verleumdungen Emin's. Stanley behauptete bekanntlich, daß Emin nach dem Fall von Chartum alles Ansehen verloren hatte, weil er seine Sträflinge nicht mehr dorthin habe senden können. Nach nur kurzem Aufenthalte in Lado verließen Casati und Emin die Station, um nach den westlichen Ländern zu gehen. Auf dieser Reise erhielt Emin, bei Jangara weilend und sich mit der Absicht tragend, noch Weiter westwärts vorzudringen, die ersten Nachrichten von einem Ausstand im Rohlgebiet. Er kehrte eiligst nach Lado zurück.
Ende August 1883 schrieb Casati von Tangasi aus einen Brief an den „Esploratore", worin er seine Ansichten über Sklaverei und Alles, was damit zusammenhängt, äußert. Er verspricht sich den meisten Erfolg von dem Radical- mittel, die Araber ganz hinauszuwersen. Eine unausführbare und sicher unersprießliche Idee. Ganz richtig aber urtheilt Casati, wenn die Lösung, abgesehen von dem arabischen Element, weder mit gewaltsamen Mitteln noch auch rasch zu Ende geführt werden kann, daß „dieselbe die stufenweise Entwicklung eines historischen Verlaufes nehmen muß." Mit Casati's Meinung, daß es noth- wendig sei, die Macht der einheimischen Häuptlinge zu erhalten, zu unterstützen und womöglich gar neu auszurichten, bin ich durchaus nicht einverstanden. Casati hat nicht erkannt, auf welchen durchaus verwerflichen, unsittlichen Grundlagen diese Macht beruht; sonst hätte sich ihm zweifellos die gegentheilige Meinung aufgedrängt, nämlich, daß man die Häuptlinge nach und nach ganz machtlos machen muß, wie es in richtiger Erkenntniß die Engländer mit den eingebornen indischen Fürsten gethan haben. Auch Casati bestätigt, daß die Sklaverei, welche die Eingeborenen unter sich ausüben, dort wie überall in Afrika, eine sehr milde ist.
Im weiteren Verlaufe seines Buches macht Casati Emin und Lupton den Vorwurf, daß die beiden nicht gemeinsam Hand in Hand vorgingen zur Bekämpfung des Mahdiaufstandes. Dies zeigt, wie man dies aus allen Darstellungen Casati's entnehmen kann, daß er im Grunde genommen wenig Ver- ständniß für die politische Lage gehabt hat und mehr mit seinen Empfindungen als mit praktischen Erwägungen rechnet. Emin klagt gerade über diesen Punkt selbst, daß die Lage ein derartiges Zusammenwirken unmöglich gemacht habe.