gegeben, so wie gerade die jeweilige Natur der Aufgabe, vielleicht auch wohl seine persönliche Stimmung das verlangt haben; jedoch muß gerade in bezug auf den letzten Punkt gesagt werden, daß bei Rembrandt im Gegensatz zu dem, was bei vielen andern Künstlern der Fall ist, und auch im Gegensatz zu dem, was man über ihn zu sagen pflegt, die persönlichen Stimmungen merkwürdig wenig Einfluß auf sein Schaffen gehabt haben- Seine prächtigsten Bilder hat er in den Jahren gemalt, wo ihn nicht nur das schlimmste Leid, sondern auch die ärgerlichsten Sorgen gequält haben. Wie er in so vielen Dingen am besten durch einen Vergleich mit Shakespeare erklärt werden kann, so ist das auch in bezug auf die oben erwähnte Vielseitigkeit und aus die Souveränität gegenüber den traurigen Geschicken des Lebens der Fall. So wie Shakespeare im gleichen Stück den fast monströs jähzornigen König Lear und die zarte Cordelia schafft, so malt Rembrandt zur gleichen Zeit das lebensfrohe Doppelbildnis von sich selbst und seiner Gattin Saskia, das eins der edelsten Stücke der Dresdner Galerie ist, und die grausame Blendung Simsons in der Sammlung des Städelschen Instituts in Frankfurt am Main. Wie ferner Shakespeare trotz aller Enttäuschungen am Ende seines Lebens das glänzende und im besten Sinn des Wortes rührende Märchenspiel vom Sturm macht, so kommt Rembrandt gerade in seinen letzten Arbeiten zu einer bei aller Tiefe so außerordentlich herzlich warmen Auffassung von Mensch und Menschenschicksal, daß er nicht nur als einer der größten Maler, sondern auch als einer der herrlichsten Dichter dasteht.
Rembrandts künstlerische Tätigkeit kann man nicht in einem Aufsatz zusammenfassen; denn die Pietät der Nachwelt und das Glück haben uns den größten Teil seiner Werke aufbewahrt. Es sind nur wenige, von denen wir wissen, daß sie existiert haben, und die nicht mehr sind. Wir
haben noch rund fünfhundert Gemälde von
seiner Hand, eine stattliche Anzahl von Radierungen und eine sehr große Menge von Zeichnungen. Wenn man bedenkt, daß er im Gegensatz zu der über ihn verbreiteten Legende, er habe
kein anderes Buch als die Bibel gekannt, ein reich und fein gebildeter Mann war, dessen Zeit jedenfalls durch gesellschaftliche Verpflichtungen und durch Lektüre viel in Anspruch genommen wurde, so ist der Umfang seines Werkes staunen- erregend, zumal es sich in der Hauptsache um lauter eigenhändige und sorgfältig durchgeführte Arbeiten handelt. Schülerhilfe hat er wohl nur wenig in Anspruch genommen und konnte es auch nicht tun; denn er war zu sehr mit immer neuen Problemen beschäftigt, als daß er jene Ruhe und Routine hätte erwerben können, wie sie z. V. Rubens hatte, und wie sie nötig ist, wenn man Schülern die Mitarbeit gestatten will. Es gibt einen sehr lehrreichen Fall, der uns über Rembrandt in dieser Beziehung ein sehr Helles und günstiges Licht gibt. Im Jahr 1 hatte er ein jetzt in der Eremi tage von Petersburg befind liches Bild gemalt, das Abrahams Opfer (siehe S. 5W) darstellt. Ein Jahr danach ließ er es durch einen Schüler kopieren, aber während dieser an der Arbeit war, überzeugte sich Rembrandt, daß allerlei an der Komposition zu ändern sei, nahm dem Schüler das Bild weg und veränderte das Ganze gründlich, wie er selbst in einer Inschrift auf der Replik aussagt. Die zweite Ausführung befindet sich jetzt in der Münchner Pinakothek und ist der ersten, was die Feinheit und Tiefe der Komposition anlangt, weit überlegen. Der Fall ist auch dafür wichtig, daß man sieht, wie rastlos und intensiv Rembrandt an sich selbst und seinen Werken weitergearbeitet hat. Wenn der andern Meistern im allgemeinen nur wenige, durch Stilunterschiede voneinander getrennte Epochen zu unterscheiden sind, so hat Rembrandt seine Kunst von Jahr zu Jahr verändert, vertieft und herrlicher gestaltet. Das ist auch der Hauptgrund, warum es unmöglich ist, sich in einem kurzen Überblick über seine Kunst zu
Selbstbildnis (1640).
(London, Nationalgalerie.)
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Das Opfer Manoahs. (Dresden, Gemäldegalerie.)