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Geburtshaus des großer: Tonkünstlers in der Getreidegasse gehört. Das in dem eigentlichen Gebnrtszimmer hängende Bild- niß ist als künstlerische Arbeit sehr mangelhaft; namentlich ist, wie man aus unserer getreuen Copie ersieht, die Zeichnung der Hände sehr schlecht. Aber der Kopf ist sorgfältig ausgeführt, und das Gesicht läßt die Züge des späteren Mozart sehr wohl erkennen. Auch mit dem in künstlerischer Hinsicht bedeutend besseren Bildnisse, welches 1770 (also drei Jahre später) in Verona gemalt wurde, stimmt es im Allgemeinen überein, nur sind aus dem Veroneser Bilde die Wangen voller, und auch die Nase ist etwas größer.
Ein anderes Knabenportrüt, welches sich gleichfalls im Geburtszimmer Mozart's befindet, stellt ihn in noch jugendlicherem Alter dar. Das erst siebenjährige Wunderkind ist hier im Hofcostüm abgebildet, mit langer gestickter Weste, an der Seite einen Galanteriedegen, unterm Arm den Chapeau und die linke Hand gravitätisch in die Weste gesteckt.
Aus derselben Zeit rührt auch das Familienbild von Carmontelle her, von welchem ein alter trefflicher Stich von Delafosse existirt. Es zeigt uns den Vater Mozart mit seinen beiden Kindern Wolfgang und Marianne, letztere elf Jahre alt. Wolsgang sitzt am Clavier, seine Schwester steht ihm zur Seite, aus einem Notenblatt singend, und der Vater steht hinter dem Knaben mit der Geige. Es ist ein ungemein anziehendes Bild, von seiner künstlerischer Auffassung und mit individueller Wiedergabe der Porträts.
Erheblich schlechter ist das große, viel später gemalte Familienbild, welches man ebenfalls in dem Geburtszimmer findet. Dieses durch die Nachbildung mehr bekannt gewordene und umfangreiche Gemälde von La Croce stammt aus dem Jahre 1780 und wurde in Salzburg vollendet, als Mozart zur Einstudirung seiner ersten Oper „Jdomeneus" (aufgeführt im Januar 1781) in München war. Während seines dortigen Aufenthaltes hatte er in seinen Briefen sich mehrmals erkundigt, wie weit das „Fami- lienbild" vorgeschritten sei? Hier sitzt Mozart (als vierundzwanzigjähriger Jüngling) neben seiner Schwester am Flügel, während der Vater hinter der Langseite
che Monatshefte.
des Instrumentes mit der Geige steht. Die bereits 1778 verstorbene Mutter ist nur durch ihr an der Wand hängendes großes Bildniß vertreten.*
Bon den Jugendbildnisscn Mozart's ist jenes schon erwähnte Porträt das weitaus beste, welches während seiner ersten italienischen Reise 1770 gemalt wurde. Das Aussehen, welches der damals vierzehnjährige Künstler in Italien erregte, zunächst in Verona, hatte in dieser Stadt seine Porträtirung veranlaßt. Von seinem Vater haben wir darüber einen Brief vom 7. Januar 1770. Darin heißt es u. A.:
„Heute waren wir bei einem Herrn Ragazzoni eingeladen. Der Generaleinnehmer von Venedig, Herr Lugiati, bat die Cavaliere, mich zu ersuchen, daß ich erlauben möchte, den Wolsgang abmalen zu lassen. Gestern Vormittag geschah es, und heute nach der Kirche sollte er das zweite Mal sitzen..." re. Dann, im weiteren Verlause dieses Briefes heißt es: „Nun wurde Wolfgang's Porträt ansgemalt und um drei Uhr zu Tisch gegangen."
Mozart hatte also nur zweimal gesessen. Das überaus anziehende Bild, welches erst 1856 in Verona aufgefnnden wurde und das sich jetzt in Wien im Besitze des L>r. v. Sonnleithner befindet, ist seitdem durch einen vollendet schönen Kupferstich von L. Sichling vervielfältigt worden. Da dies Bildniß von dem vorher erwähnten, das hier als Illustration beigefügt ist, nur durch einen Zeitraum von drei Jahren getrennt ist, wird man mit Interesse eine Vergleichung beider Bildnisse anstellen können. Man wird danach n. A. auch ersehen, daß nicht nur die Haartracht, sondern auch die Kleidung mit dem Salzburger Bildniß überein- stimmt. Die geringen Abweichungen im Gesicht sind schon oben bemerkt worden.
Im Jahre 1777 ließ Leopold Mozart in Salzburg wieder ein Bildniß seines Sohnes anfertigen und sandte dasselbe an den Pater Martini in Bologna, der ein Jahr vorher ausdrücklich darum gebeten hatte. Wo dasselbe hingekommen ist,
* Es ist in neuerer Zeit behauptet worden, daß dies auf dem Gemälde angebrachte Bildniß nicht die Mutter, sondern die Großmutter Mozart's darstellen soll, was mir aber nicht wahrscheinlich ist.