aber die entsetzliche Kaltblütigkeit, mit der sie von Kind und Kindeskind sprach, ließ den Humor nicht aufkommen.
„Ihr scheint ja viel zärtlicher um Eure Eselin besorgt zu sein, als um das arme Würmchen, Euer Enkelkind!" sagte ich scharf.
Sie nickte ruhig mit dem Kops.
„So ist es auch", sagte sie. „Die Minka hat mich auch nöthiger. Wenn ich heute sterbe, muß sie elendiglich zu Grunde gehn. Meinen Sie, daß die Hana ihr nur einen Arm voll Futter vorwerfen würde, obwohl das arme Thier nicht mehr selbst danach gehen kann? Nein, die hat nur Gedanken für ihre Puppe, und dann noch für den Schuft, der ihr dazu verhaften hat. Den erwartet sie alle Abend, wenn die Sonne untergeht, obwohl es schon ein halbes Jahr her ist, daß er keinen Fuß mehr über unsre Schwelle gesetzt hat. Und dabei ist sie so vergnügt, wie man sich's nur wünschen kann, und läßt den lieben Gott einen guten Mann sein und ihre alte Mutter, statt ihr zu Helsen, alle Arbeit im Haus und in der Küche allein thun. Warum soll ich da Mitleid mit ihr haben, oder mit ihrem Wurm? Die beiden sind schon jetzt wie im Himmel, und wenn's ihnen anch noch schlecht geht und sie hungern und frieren müssen, können sie sich hernach nicht dafür entschädigen, wenn sie in's Paradies kommen? Die Minka aber — sehen Sie, Herr, die hat keinen Liebsten gehabt und kein Junges zur Welt gebracht, und wenn sie crepirt, wird sie auf den Schindanger geworfen, und am jüngsten Tag, wo wir andern armen Sünder unsere Knochen wieder zusammenlesen, — von ihr ist nichts mehr übrig, und daß sie's schlechter gehabt hat auf Erden, als ihre Zwillingsschwester, wird ihr nicht angerechnet. Sehen Sie, da muß sich nun ein andrer armer Christenmensch des Viehes erbarmen, wenn unser Herr Christus selbst sich nicht dazu abmüßigen kann".
Gegen diese Logik ließ sich nicht viel eiuwenden. Ich gestehe aber, daß mir die Zukunft des kleinen Menschenbildes trotz seiner unsterblichen Seele doch wichtiger war, als die Frage, ob Minka bei der lückenhaften sittlichen Weltordnung nicht zu kürz kam. Wenn morgen die einzige Person unter den „vier Frauenzimmern" die gesunden Menschenverstand besaß, vom Blitz getroffen wurde, was sollte aus der armen Schwachsinnigen und ihrem Säugling werden?
„Thut der Vater denn gar nichts für die Kleine?" fragte ich endlich. „Ein Kind wie aus Elfenbein gedrechselt — es ist noch nicht ausgemacht, daß es wie die Mutter werden wird. Und er hat sich überhaupt noch nicht wieder blicken lassen?"
„Der!" machte die Alte und stieß das Messer, mit dem sie die Rüben geputzt hatte, tief in die hölzerne Brunnenröhre. „Wenn ich den vor Gericht schleppte, er würde sich los schwören, das würde er, obwohl er dem Herrn Landrichter sein eigener Sohn ist. Meinen Sie, ich hätlls ihm nicht angesehu, gleich beim ersten Mal, als er in unser Häuschen trat, sich