Issue 
(1880) 40
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Die Eselin.

schehen, hätte sie selbst noch manche Jüngere ausgestochen. Nur sei's dann aber den gewöhnlichen Weg gegangen, trotz ihrer Gescheidtheit, da sie immer gesagt, sie wolle es nicht machen, wie ihre eigene Mutter. Ihre Herrschaft habe sie natürlich nicht im Hause behalten, sondern ihr ein anständiges Stück Geld mitgegeben, von dem habe sie sich das verlassene Häuschen droben und das Stück Gartenland gekauft, und da sie nicht wieder in einen Dienst gehen wollte, vielleicht auch nicht konnte, ganz eingezogen für sich hin gelebt und die Hana ausgefüttert. Die ersten Jahre habe auch der junge Gras dann und wann noch an sie gedacht und ihr etwas geschickt. Hernach sei's aus­geblieben, da habe sie sich allein durchschlagen müssen. Und es sei auch

gegangen; den Kummer freilich um den blöden Verstand ihres Kindes habe

ihr Niemand abnehmen können.

Dann kam mein Kutscher auf die traurige Geschichte mit dem Land­richterssohn zu sprechen, gegen den er sich in sehr mißbilligendem Tone aus­ließ. Es wisse Jedermann darum. Aber er sei nun einmal der einzige

Sohn aus dem angesehensten Hause, und Niemand könne ihm zumuthen, daß.

er den schlechten Streich durch eine ehrliche Heirath wieder gut mache. Ein hergelaufenes Ding, mit dem es nicht richtig stehe! Warum auch die Alte nicht besser aufgepaßt habe! Wenn er für das Kind ein bischen was thue,, so werde ihn Niemand um diese Jugendsünde viel ansehen.

Ich ließ mir das Alles erzählen, ohne aus moralische Erörterungen des- Falles weiter einzugehen. Im Herzen ich weiß nicht warum hatte ich ein so lebhaftes Mitgefühl mit dem armen Geschöpf, daß ich ihrem Ver­führer, wenn er mir in den Weg gekommen wäre, mit vielem Vergnügen, einen Denkzettel verabreicht hätte.

Auch war mein Erstes, als ich die Meinigen wiedersah, mein Erlebniß ihnen zu erzählen und meine gute Schwester zu bewegen, sich der verwahr­losten jungen Creatur ein wenig anzunehmen. Ihr mitleidiges Herz ver- läugnete sich nicht. Sie schickte gleich am andern Tage ihreMamsell", eine erfahrene alte Person, zu Wagen nach der Hütte der Mutter Lamich mit einem Korbe, der allerlei gute Dinge enthielt, Kinderzeug, Mundvorrath für einige Wochen, ein Paar ausrangirte Garderobenstücke, um auch für die rauhere Jahreszeit vorzusorgen, und ich fügte noch Einiges an Baarem hinzu, mit dem festen Vorsatz, bald selbst wieder nachzuschauen, ob dieser schwache Versuch, die Lücken der sittlichen Weltordnung zu verstopfen, auch gut gewirkt und seinen Zweck erreicht habe.

Dahin sollte es aber nicht kommen. Früher als ich gedacht, bestand unser Hausarzt darauf, mich in's Seebad zu schicken. Ich hörte nur, daß. unsere Sendung von der alten Frau nnt ziemlich trockenem Dank, von der jungen Mutter dagegen mit kindischem Jubel in Empfang genommen wordew sei. Dann reiste ich ab, blieb den ganzen Sommer fort, und die Bewohner jenes Waldhäuschens waren mir bald so gleichgiltig geworden, wie der erste beste Bettler, dem man einen Groschen in den Hut wirft.