Paul peyse in München.
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Weiher drunten aus einem moosigen Stein eine weibliche Figur sitzen, die mir den Rücken zugekehrt hat und ganz regungslos in das schwarze Wasser starrt. Ich konnte kaum die Umrisse erkennen, und doch wußte ich gleich, Wer sie war.
„Mutter Lamitz!" ries ich. „Mutter Lamitz!"
Erst beim dritten Mal, und da ich ihr schon ganz nahe war, wendete sie langsam den Kopf, immer noch ohne daß ich ihr in die Augen sehen konnte.
„Was sitzt Ihr hier auf dem nassen Stein, Mutter Lamitz?" fragte ich. „Habt Ihr etwa ein Netz gelegt und wollt den Fang noch hereiuziehen? Oder auf wen wartet Ihr hier in dem ungesunden Nebelwetter?"
Sie sah mir jetzt gerade in's Gesicht, sie suchte offenbar in ihrer Erinnerung nach dem Menschen, dem diese Züge und diese Stimme gehören mußten. Aber es schien nur langsam in ihr auszudämmeru.
Ich half ihr auf die Spur, indem ich sie an meinen Besuch im Frühling erinnerte und ihr sagte, daß ich inzwischen schon oft darüber nachgedacht, aber noch immer nichts Gewisses darüber herausgebracht hätte, ob die Esel auch in den Himmel kämen. — Das hörte sie stillschweigend mit an; ich wurde nicht klug daraus, ob sie den Sinn meiner Worte richtig verstand, denn sie nickte beständig vor sich hin, auch wenu ich eine Frage that, die sie hätte verneinen sollen.
Erst als ich den Namen ihrer Tochter aussprach, wurde sie plötzlich wach und sah mich unter ihren buschigen Augenbrauen argwöhnisch an.
„Was wollen Sie von der Hana?" sagte sie. „Die ist nicht zu Haus. Aber es geht ihr sehr gut, ihr und ihrem Wurm. Hab' ich Ihnen nicht gesagt, daß sie ein bischen schwach im Kopf ist? Da Hab' ich gelogen. Sie hat mehr Verstand, als die meisten dummen Gänse. O, ich wollt', ich wär' auch so gescheidt wie sie gewesen, aber es sind verschiedene Gaben, und wie heißt's im Testament? Denen, die arm am Geist sind — ja, ja! O du Barmherziger!"
Und plötzlich brach sie wieder ab, legte beide Hände stach auf ihre Kniee und ließ den Kops dicht auf die Brust sinken.
Ihr Wesen wurde mir immer unheimlicher. Auch war's da am Ufer schauerlich, da die Fledermäuse um das niedere Gebüsch zu flattern ansingen und der Wind, der sich jetzt ausmachte, einen moderigen Sumpfgeruch uns entgegenwehte. Dazwischen immer Brummbaß- und Clarinettsiguren von unten herauf.
Um nur die Stille zu unterbrechen sagt' ich: „Es scheint hoch herzugehen im Wirthshaus drunten. Wird da ein Fest gefeiert?"
Sie fuhr in die Höhe und blickre mich wieder mißtrauisch an.
„Hören Sie 's erst jetzt? So haben sie ja schon seit Mittag gefiedelt und gepfiffen und so wird's bis an die Mitternacht sortgehen. Ich Hab' mir die Ohren verstopft, aber es hilft nichts. Nu, Hochzeiten sind keine