Issue 
(1880) 40
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Briefe vonNoritz vonSchwind.

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ordnung! ich sehe dem meinigcn Anfangs September entgegen, und das mit einiger Angst. Mein Bruder den wir in seiner zweiten Ehe, wieder getröstet und glücklich wußten hat seine Frau im Kindbett verloren, und steht jetzt allein da mit einem kleinen Kinde. Wenn das glücklich vorüber ist, will ich Gott danken. Indessen arbeitet man fleißig fort, und es würde Sie doch freuen den Rhein bereits ganz, untermalt zu sehen. Den Musikanten habe ich eine Woche mit gutem Erfolg gewidmet, nun fange ich an zu übermalen. Ich bin so glücklich über die herrliche Muße, daß mich alles andere gleichgültig läßt. Geselligkeit, Spaziergänge Kunstgenüsse, ja selbst die englischen Reiter die doch ein Hauptvergnügen sind es ist nicht für mich auf der Welt, und cs ist mir ganz gleichgültig ob es dergleichen giebt oder nicht. Wenn ich erst die alten Ideen abgcfertigt habe, dann kanns losgchcn aber genug von mir Marlo's*) Schluß hat mich sehr betrübt. Ich war seit fast einem Jahr gewohnt alle Tag meine Portion Marlo zu haben, auf einmal liegt die ganze Geschichte im Dr. und ich habe nichts mehr zu lesen. Die Infamie einen altgebackcnen Schimpf- artikl, über Cornelius Overbeck und Veit, frisch abzudrucken, hat mich bewogen nicht weiter zu praenumeriren wenn ich aber bedenke, daß der Haupthieb die aämiuistraticm trifft, die doch diese schlechten Sachen um schweres Geld, aus dem anvertrautcn Schatze bezalt hat, so könnte ich mich wieder versöhnen. Ich bekomme 6 Journale umsonst ins Haus, sie ersetzen aber die Ober P A. Zeitung doch nicht. Begierig bin ich auf Nachrichten über die baldige ooulariiwpsvtion der kühnen Müllersbraut.**) Möge der gute Kerl nicht gar zu hart gestraft werden! Seit drei Tagen ist mein Schwager Julius hier. Derselbe der 14 Tage bei Mälzens gewohnt hat. Wir habcw gehofft er würde mit Don Gerhards***) Zusammentreffen, cs wird aber wie ich sehe nichts daraus. Die Maßa der Fremden ist, im Vorbeigehen gesagt, lächerlich groß wir sehen sie an unfern Fenstern vorüber nach der Axptotüsü ziehen. Einen Wiener hatte ich da, daß mir die Haare wollten zu Berg stehen. Die Kerls schreien alle, als hätten sie die erstaunlichsten Dinge zu sagen, und es ist immer wieder nichts. Dieses Exemplar war eine Liedertafel siingwl, und war vom Sieg der guten Sache für immer überzeugt, weil die Wiener Liedertafel eine vierfarbige Vereins- flagge aufgehißt hat, ohne ins Loch gesteckt zu werden. Vom kleinen Rollett soll ein Trauerspiel zur Aufführung kommen, deßen Gegenstand die Liebe zweier Geschwister ist, d. h. die Liebe Zum Heirathen, nicht die Geschwisterliebe übrigens aber mit einer merkwürdigen Prägnanz gemacht, kurz beisammen, mit einer etwas zopfigen Ueberschwenglichkeit, die man aber zu glauben gcnöthigt ist mit einem Wort, der kleine Kerl wird sich geltend machen. Vor der Hand wünsche ich ihm von Herzen daß er ausgepfiffen wird.

Lachner ist nicht nach Frankfurt gekommen ärgerlich! Ich habe ihn übrigens seit feiner Zurückkunft noch nicht gesprochen. Für den Winter sind Quartett Abende verabredet, abwechselnd bei Lachner Pocci und mir aber von den besten Geigern wo unser einer nicht mitmachen kann! Ich bin aber auch einem solchen Quartett von Notenfreffern auf der Spur. Von Gleim ch) habe ich schon sehr lange keine Antwort Sie wissen wohl daß er Sklavenhändler geworden auf sehr gute Bedingungen, und baldigst heirathet. Schade daß er in Mannheim sein muß, solche Leute sind selten.

Roman von Otto Müllcr welcher in dem belletristischen Beiblatt der Ober-Postamts-Zcitunz

erschien.

Müllcr hatte seine spätere Gattin bis dahin nur aus einer intimen Correspondenz gekannt. Gerhard Malß, gegenwärtig Jnspcclor des Stacdel'schen Instituts in Frankfurt, f) Der talentvolle Landschaftsmaler Gleim, welcher mit einer Freundin von Schwinds Frau versprochen war, nahm damals eine Privatste llung in Mannheim an, und obiges Witzwort scheint eine Abneigung Schwinds gegen dieses Verlassen der Künstlerlaufbahn zu documcntircn.