damit er ihnen in der Regierung des Reiches nicht unbequem werde. Dieses Wort führte zu einer so leidenschaftlichen Scene, daß der Präsident sich genöthigt sah, die Mitglieder eindringlich an die Würde der hohen Versammlung zu mahnen. Selbstverständlich wurde der Vorfall durch die Presse bekannt, und führte hier zu ganz erbitterten Streitereien. , Die Einen machten geltend, daß nach dem klaren Wortlaut der Verfassung der Kaiser als solcher Chef der Marine, diese somit seinem Befehl unterstellt sei; die Anderen behaupteten, der Kaiser übe diese Gewalt nicht in dem Sinne, wie etwa der König von Preußen oberster Kriegsherr der Armee wäre, sondern nur als vertragsmäßig eingesetzter Delegat der Verbündeten Regierungen, die gerade für den vorliegenden Fall ihr gemeinschaftliches Recht nicht ausgegeben hätten. Nicht der Kaiser, sondern die Bundesstaaten insgesammt seien Eigenthümer der Flotte. Als bald darauf das Panzerschiff vom Stapel lief, erhielt es ans kaiserlichen Befehl den Namen „Ludwig der Bayer". Darüber brach der Sturm von Neuem los. In höhnischer Weise beglückwünschte die oppositionelle Presse das bayrische Volk wegen der ihm ob seiner Folgsamkeit im Bundes- rathe zu Theil gewordenen Gunstbezeugung.
So nahmen die Dinge allenthalben einen für den Vaterlandsfreund höchst unerquicklichen Verlauf. Inzwischen hatten die neuen Wahlen keine Vermehrung der Stimmen zu Gunsten des neuen Reichskanzlers ergeben. Eine neue Färbung war nur insofern bemerkbar, als in den einzelnen Fractionen die specisisch preußisch gesinnten Mitglieder sich von den übrigen abznheben und enger aneinander zu schließen begannen. Es war dies die natürliche Folge der öffentlichen Stimmung. Die hohen Gesichtspunkte Bismarcks, welcher ohne Nebenbuhler regiert hatte, waren nicht mehr maßgebend. Die Würde des Reichskanzlers wurde der Zielpunkt des Ehrgeizes auf vielen Seiten; und wer sich nicht Reichskanzler zu werden getraute, hoffte es wenigstens einmal zum Chef eines Reichsamtes zu bringen. Man hatte eben rasch begriffen, welche glänzende Ziele für die Leiter selbst des kleinsten deutschen Bundesstaates mittelst der deutschen Reichsverfassung eröffnet worden waren. Hierin lag aber ein Anlaß, den Particularismus nicht zu bekämpfen, sondern ihn eifrig zu pflegen. Je werthvoller man durch diplomatisches Verhalten im Bundesrathe jede dort vertretene Stimme zu machen wußte, je besser der Einzelne es verstand, sich zum Führer einer bei der Abstimmung gewichtigen Gruppe hinzustellen, desto eher, konnte ihn der gewonnene Einfluß an die Spitze der Geschäfte eines Ressorts führen. In Preußen machte sich auf vielen Seiten ganz unverkennbar ein Groll gegen diese Strömung bemerkbar. Es wurden in der altpreußischen Presse Stimmen laut, welche ausführten, daß die neue Macht der Mittel- und Kleinstaaten im deutschen Reiche auf preußischen Schultern ruhe, daß Preußen, ganz abgesehen von seinem territorialen Umfange, für alle Zeiten die Hegemonie zu beanspruchen habe. Diese Gesinnung erfüllte auch die maßgebenden Kreise; und als der Reichskanzler, vor der ihm nicht sympathischen Majorität des