Menenius der Jüngere.
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worfen werden könnten. Unter Bezugnahme aus die Verhandlungen, welche bei der Abfassung des Art. 76 der Reichsverfassung, resp. des analogen Artikels der ehemaligen deutschen Bundesverfassung geführt worden waren, hielt man es überdies für unzweifelhaft, daß der Bundesrath nicht selbst entscheiden könne, sondern die Entscheidung einem Gerichtshöfe übertragen müsse. Die Organe der altpreußischen Presse ergingen sich zum Theil in beißendem Spott; andere führten eine unheimlich brüske Sprache, indem sie erklärten, Preußen habe das übrige Deutschland schon ein Mal zu seiner Pflicht zurückgeführt, es könne das nötigenfalls noch ein zweites Mal geschehen. Die Organe der Antragsteller wiesen die Sprache dieser preußischen Blätter in empörtem Tone zurück. Deutschland sei ein Bundesstaat, und alle Glieder, das größte nicht ausgenommen, haben sich den vereinbarten Satzungen der Verfassung zu fügen. Nichts Anderes als eine strenge Jnnehaltuug dieser Satzungen sei das Ziel des gestellten Antrages. Die Regierungen, von denen er ausgegangen, würden im Bewußtsein ihres guten Rechtes nicht zurückweichen, und hofften damit dem Reiche einen nicht zu unterschätzenden Dienst zu erweisen. Selbstverständlich waren die in den politischen Versammlungen geführten Reden noch um vieles heftiger. Im Parlament dagegen erhoben sich Stimmen, die einen seit Bismarcks Rücktrüt nicht mehr gehörten Ton anschlagen wollten. Man appellirte an die Vaterlandsliebe, man citirte Vorgänge aus der Bismarckschen Periode, um zu zeigen wie stark die Einigkeit Deutschland gemacht habe, und auch fernerhin machen könnte. Man sprach es aus, daß die Einheit Opfer von jedem Einzelnen verlange, daß eine Einigkeit, bei der Jeder seinen eigenen Willen
durchsetzen wolle, undenkbar sei. Ein Antrag, der in Form einer Resolution die Verbündeten Regierungen von der Fortsetzung des Streites abmahnen sollte, wurde eingebracht. Die Vertreter der Regierungen erklärten aber vom Bnndesrathstische, daß es über die Competenz des Reichstages hinausgehe, dem Bundesrathe in dieser Sache Rathschläge zu ertheilen. Der Bundesrath sei ein Staatenhaus, seine Mitglieder seien Regierungen, die sich ihrer Ziele und Zwecke wohl bewußt wären. Monate hindurch tobte der Streit im ganzen Reiche, und wurde immer heftiger, immer leidenschaftlicher, je länger der Bundesrath in erklärlicher Verlegenheit ein materielles Eingehen ans die Sache hinausschob.
Selbstverständlich ließ die schädliche Einwirkung dieser Vorgänge auf die Haltung des Auslandes nicht warten. Der deutsche Botschafter in Wien hatte von einer eigenthümlichen unruhigen Geschäftigkeit der dortigen Regierung zu berichten, deren Chef ihn: gelegentlich eines Gespräches das Bekenntnis; machte, daß man den Vorgängen in Deutschland mit äußerster Besorgniß zuschaue, und daß es die kaiserliche Regierung mit Rücksicht auf ihre Interessen im Orient für geboten erachte, Vorkehrungen zu treffen, falls etwa das deutsche Reich sich nicht als ein unter allen Umständen einiger und sestgeschlossener Staatenkörper erweisen sollte. In Frankreich war es