- Das Rosenkreuz. - s27
Lazarus Spengler, den Rathsherrn und Abgeordneten der Stadt Nürnberg beim Reichstage, wie folgt:
„Gnad und Friede in Christo. Ehrbar, günstiger, lieber Herr und Freund! Weil ihr begehrt zu wissen, ob mein Petschaft recht troffen sei, will ich euch meine Gedanken anzeigen zu guter Gesellschaft, die ich auf mein Petschaft wollt fassen, als in ein Merkzeichen meiner Theologie. Das erst sollt ein Kreuz sein, schwarz im Herzen, das seine natürliche Farbe hätte, damit ich mir stets Erinnerung gäbe, daß der Glaube an den Gekreuzigten uns selig machet. Denn so man von Herzen glaubt, wird man gerecht. Obs nu wohl ein schwarz Kreuz ist, mortisicirt, und soll auch wehe thun, noch läßt es das Herz in seiner Farbe, verderbt die Natur nicht, das ist, es rödtet nicht, sondern behält lebendig, ünstim snini käs vivst, ssä kicks ernoikixi. Solch Herz aber soll mitten in einer weißen Rosen stehen, anzu- zeigen, daß der Glaube Freude, Trost und Friede giebt, und kurz in eine weiße fröhliche Rosen setzt, nicht wie die Welt Fried und Freude gibt, darumb soll die Rose weiß, und nicht roth sein; denn weiße Farbe ist der Geister und aller Engel Farbe. Solche Rose stehet im Himmelfarben Felde, daß solche Freude im Geist und Glauben ein Anfang ist der himmlischen Freude zukünftig; itzt wohl schon drinnen begriffen, und durch Hofnung gefastet, aber noch nicht offenbar. Und umb solch Feld einen gülden Ring, daß solch Seligkeit im Himmel ewig währet und kein Ende hat, und auch köstlich über alle Freude und Güter, wie das Gold das höchst, köstlichst Erz ist. Christus unser lieber Herr sei mit Eurem Geist bis in jenes Leben, Amen. Xx Xrsino Ernboli sd. i. Koburg umgekehrtj, 8. Julii LlDXXX".
Nicht lange, so ließ Herzog Johann Friedrich, der nachherige Kurfürst, das neue Siegel ihm in Stein schneiden und in einen goldenen Ring fassen*).
Uns gilt der Brief selbst als ein Edelstein in goldener Fassung. Ich glaube nicht, daß irgendwo sonst aus so wenigen Zeilen uns das ganze tiefe und reiche Herz Luthers so rein und unmittelbar, in seiner gehaltvollen Einfalt, seiner kindlichen Frömmigkeit, seiner gedrungenen Geradheit entgegentritt. Und er hat wirklich seinen ganzen Glauben, den treibenden Kern seines ganzen reformatorischen Thuns, in jenes schöne Bild und Gleichniß gefaßt. Wie aber Luthers Protestantismus nicht der vollentwickelte Protestantismus ist, soudern nur Quell und Keim desselben, so dürfen wir auch nicht erwarten, daß sogleich in der Stiftungsurkunde unsres zu besprechenden Symbols der Sinn desselben nach allen Seiten erschöpft sein werde; aber es ist für solche Ausschöpfung der Quell eröffnet, es ist der Keim gelegt, aus dem alle weitern Anwendungen aufsprießen mußten. Dieser Keim ist die in der Rose versinn- bildete Fröhlichkeit des unmittelbaren Gemüthsglaubens gegenüber dem Gesetzeskreuze des katholischen Werkdienstes. Dazu tritt das goldne Wort, daß der
*) Meurer, Luthers Leben, 1843, II, S. 248. 251. De Wette, Luthers Briefe, 1827, 4. Theil, S. 79 f.
Nord und Süd. XIV. 40.
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