Heft 
(1889) 34
Seite
564
Einzelbild herunterladen

Seite 564.

Deutschland

34.

Eine Kuckucksblume."

In," bestätigte Fritz; hierauf zog er einen Stein hervor: Und das?"

Feldspat."

Der Bursche nickte und steckte seine Herrlichkeiten wieder ein. Es war ihm offenbar ein Bedürfnis gewesen, den Gegen­stand seiner Verehrung auf dessen Echtheit hin zu prüfen.

Christine kam früher als sonst mit dem Abendbrot: sie öffnete hier eine Schieblade, ließ dort einen Schlüssel liegen und setzte sich schließlich mit ihrem Strickzeug in die Schlaf­stube des Doktors, um von hier ans den Buben im Auge zu haben.

Der Doktor dachte:So, nun kommt die Prüfung an Dich; wollen sehen, ob Du wiederkommst, wenn es nichts zu essen giebt." Aber die Bissen wollten ihm in Gegenwart des stummen Zuschauers nicht recht munden, und er war froh, als er Christinen bedeuten konnte, abzutragen. Als diese nach einiger Zeit wieder hereinkam, war der Bube fort; eifrig schaute sich die Frau in der Stube um, als sie plötzlich einen lauten Schrei ausstieß und den Doktor wie versteinert anstarrte.

O, der Bösewicht," keuchte sie,der Bösewicht was habe ich gesagt um des Himmels Himmels willen!"

(Schluß folgt.)

Das Duell und seine Abschaffung.

Von

einem preußischen Richter.

ei dem Hellen Lichte der Öffentlichkeit, welches die heutige Entwickelung der Presse über alle Gebiete unseres Volks- lebens ergießt (soweit sie nicht durch gewisse Rücksichten auf die Minderjährigen beiderlei Geschlechts, denen ja auch die in den Familien gehaltenen Zeitungen schrankenlos zu Gebote zu stehen pflegen, von dieser Beleuchtung ausgeschlossen er­scheinen), ist es kein Wunder, wenn jeder einzelne Fall des praktischen Nniversnl-Heilmittels für gekränktes Ehrgefühl jeder Art und Schattierung überall eingehend und eifrig berichtet, erläutert und kritisiert wird. Und da pflegt sich denn jedes­mal ein besonderer Punkt zu finden,, ans welchen die Aufmerk­samkeit des Lesers besonders hingelenkt wird, oder sich auch von selbst .zu richten pflegt: bald ist es die Geringfügigkeit der Veranlassung des Zweikampfs, bald wieder umgekehrt die dasselbe geheimnisvoll umgebenden und ans sehrinteressante" Beweggründe hindeutcnden Umstünde; in anderen Füllen ist cs der Zusammenhang der Gelegenheitsursache mit irgendwelchen politischen oder gesellschaftlichen Tagesfragen, in anderen wieder die allgemein menschliche Empörung über die einem der beiden Teile zugefügte Unbill, die ihn zu diesem Schritte getrieben hat; endlich sind die besonderen Familienverhültnisse des einen und des anderen Teils ein Umstand, der vielfach die weitere Teilnahme wachruft. Dazu treten nun noch in allen irgendwie interessierten oderFach"-Kreisen die Erörterungen über die Art und Weise der Ausführung, über das Verhalten der Be­teiligten vor und während der Handlung kurz, es könnte fast grausam erscheinen, wenn man gewissen an Stoffen der wirklichen Anteilnahine und Unterhaltung ohnedies nicht über­mäßig reichen Kreisen diesen Gegenstand so gänzlich entziehen wollte, wie dies die Abschaffung des Duells thnn würde.

Jedenfalls ist es richtig, wenn man überhaupt eine ernste Absicht auf Erreichung dieses Zieles hat, das Duell auch mit dem zu behandeln, was es als sein Haupterfordernis fiir sich selbst in Anspruch zu nehmen Pflegt: mit Mut und zwar mit dem Mut, den Stier bei den Hörnern zu fassen, das heißt, es da anzngreifen, wo es den festesten Rückhalt findet: im

Heere, bei den Offizieren. Freilich muß ich diesem augenblick­lich gerade häufiger und mit Geschick behandeltem Standpunkte gegenüber hervorheben, daß der stärkste Rückhalt des Duells begrifflich ganz wo anders liegt. Das ist der Punkt, und ich möchte ihn die Citadelle des Duells nennen, wo es eine Pflicht der Ehre des Mannes zu sein scheint, irgend eine verletzte weibliche Ehre zu der seinigen zu machen. Ist dies doch sogar der Punkt, in welchem, wenigstens nach einer in anderen studen­tischen Kreisen verbreiteten Annahme, selbst die Satzungen der auch das sogenannte studentische Duell, die einfacheMensur," ausschließenden protestantischen VerbindungWingolf" das Duell in zwei Füllen ausdrücklich Anlassen.

Ein ziemlich allgemein angenommener Lehrsatz ist es ja, daß der innere Grund des Zweikampfs überhaupt im Ehr­gefühl liege. Da nun der Offizierstand ein solcher sei, welcher ganz besonders über Bewahrung seiner Ehre zu wachen habe, so ergiebt sich die weitere Folgerung von selbst. Ich bin weit entfernt, die Richtigkeit dieser begriff­lichen und logischen Herleitnng aus dem, was man Ehrgefühl nennt, zu bestreiten; es wird sich daher, wenn man über das Duell sprechen und handeln will, nicht umgehen lassen, diesen Begriff etwas näher zu untersuchen, oder, um uns der Ans­drucksweise der hier vorzugsweise beteiligten Kreise zu nähern, einer Ahnenprobe in Bezug auf seine Abstammung, den Adel der sich darin ansdrückenden Gesinnung n. s. w. zu unterwerfen. Es wird dies um so nötiger sein, als neulich erst ein hoch­stehender Mann, kein geringerer als der preußische Kultus­minister v. Goßler, recht häßliche Dinge über ein gewisses Ehrgefühl" gesagt hat und zwar in einem ans Veranlassung der Selbstmorde bei Schülern erlassenen Rundschreiben. Doch darauf wollen wir nachher zurückkommen.

Sehen wir uns unbeschadet dieser begrifflichen Herleitnng und Ursache doch auch einmal den praktischen Hergang bei den meisten Duellen an, und zwar derjenigen, bei welchen nicht der oben erwähnte Punkt desEwig-Weiblichen" mitspielt. Der Zweikampf kommt in diesen anderen Fällen gewöhnlich deshalb zu stände, weil der eine Teil oder beide eine Dummheit be­gangen haben, die entweder verdeckt werden soll, oder die man sich schämt einzngestehen, oder endlich die inan als solche ein­zusehen noch zu dumm ist. Die nahe Verbindung, in welche der studentische Ehrenkodex den Ausdruckdumm" mit dem Duell setzt, scheint also unbewußt ans jenen inneren Zusammen­hang hinzudenten. Zn jedem einzelnen der oben bezeichneten drei Hanptgefühlsregnngen gesellt sich dann gewöhnlich der mit der erwähnten Verstandeseigenschaft so gern sich verschwisternde Trotz, welcher zeigen will,wer ich bin," und der dringende Wunsch, denjenigen zu strafen, der das nicht einsehen will, bezw. sich an ihm zu rächen. So ist diesesEhrgefühl" gewöhnlich nach seinem Kern beschaffen. Ungefähr dieselbe Sammlung und Stufen­folge von inneren Vorgängen finden wir ja auch bei dem Ter­tianer, der sich totschießt, weil er nicht nach Sekunda gekommen ist. Wie der Duellant schließlich durch die oben erwähnten Regungen zu dem lebhaften Wunsche sich gedrängt fühlt, sich für alle diese unangenehmen Empfindungen an dem lieben Nächsten, der gerade die Ursache davon zu sein scheint, zu rächen, so kommt auch der sitzengebliebene Tertianer zuletzt ans den Gedanken, sich an dem Lehrer, den er als die Ursache seines Mißgeschickes betrachtet, dadurch zu rächen, daß er diesen, da er ihn nichtfordern" kann, an den moralischen Pranger stellt, die Ursache seines Selbstmordes gewesen zu sein. Es ist das die uralte Logik des sich über seine erfrorenen Hände freuenden Jungen, weil ihm sein Vaterkeene Handschuhe nich kost." Die wohlklingende öffentliche Mitteilung über einen solchen Schüler-Selbstmord bezeichnet ihn selbstverständlich als ausgekränktem Ehrgefühl" hervorgegangen.

Ungefähr dieselbe SorteEhrgefühl" ist es also, ans welchem die meisten Duelle hervorgehen beim Civil. Nicht beim aktiven Militär; hier sorgen die Ehrengerichte, bei denen jeder Teil gehört wird und vollständig nicht nur zu Worte kommt, sondern sogar genötigt wird, seine Beschwerden und