494
vr. I. 5teinbeck.
Ernte gehören jene historischen Denkmäler und Namen zur „internationalen" Jubiläums-Kunstaus- stellung Berlins und Deutschlands. Die Kunst ist international, das glauben und wissen wir Alle, und alle Nationen haben ja auch zu dem großen Stelldichein der Kunst da unten als Beitrag ihr Bestes geschickt, alle mit Ausnahme des grollenden Frankreichs. Aber daß sie es geschickt haben, das verdanken wir unserem großen nationalen Aufschwünge und den großen Persönlichkeiten, die dazu mitgewirkt haben, wir verdanken es in erster Reihe unserem erhabenen Kaiser. Wie haben sie unser Volk und unser Land gehöhnt und verschrieen! Ein nüchternes, zwar arbeitsames aber jedes idealen Schwunges baares Barbarenvolk, Sauerkraut essend und Bier trinkend, ein Land, dessen Gebäude Kasernen und dessen Menschen mit der Pickelhaube geboren, das von Corporalen und Gensdarmen regiert wird — so haben sie uns vor der civili- sirten Welt gezeichnet, und nun gar Berlin, diese nüchternste, prosaischste aller Großstädte inmitten einer trostlosen Sandwüste, die personisieirte Langeweile! Da, die Kunstausstellung dort unten giebt Antwort aus jene Anklagen. Sie legt Zengniß ab, daß Deutschland nicht blos ein Heerlager und eine Kaserne, nicht nur dem Realen und Nützlichen zugewendet ist, sie predigt laut, daß auch Deutschland, das durch Blut und Eisen geeinte, neu erstandene, die Heimstätte für die Pflege des Idealen, des Ewig-Schönen, wie es die Kunst verkörpert, geblieben ist und daß die Ideen eines Winkelmann und Lessing, Goethe's und Schillert in den Jüngern lebendig fortleben und Frucht bringen. Daß aber diese internationale Kunstausstellung anknüpfen kann an den Namen des großen Friedrichs, der im vorigen Jahrhundert durch seine Persönlichkeit und seine Siege zuerst der Träger des nationalen Gedankens in Deutschland geworden ist, das giebt den würdigen historischen Hintergrund des glänzenden Bildes, das ich Ihnen jetzt zeigen will.
Schreiten wir die breite Treppe zum Eingänge des Ausstellungparkes hinab. Vor weniger als einem Jahrzehnt war es eine sterile Sandwüste, die sich hier ausdehnte. »0's8t uns korrs niauäite«, sagten die französischen Resugios, als man sie hier ansiedelte, daraus soll ja der wunderliche Name Moabit entstanden sein. Und noch, als in den sechsziger Jahren der Student Sonntags seinen Ausflug in die Biergärten der Vorstadt unternahm, war das für uns eine Landpartie, denn mit der Alsenbrücke hörte die Civilisation auf und begann der fußhohe Sand, bis nach 15 — 20 Minuten die ersten Häuser und Straßen Moabits uns aufnahmen. Heute ist dasselbe längst ein mit dem großen Ganzen zusammenhängender Stadttheil und die über die Schienenwege der Lehrter Bahn hin
wegführende Verbindungsstraße mit Palästen besetzt. Nun rechts von dieser Straße dehnt sich als grüne Oase der Ausstellungspark aus. In ihm erhebt sich der ursprünglich für die Ausstellung auf dem Gebiete der Hygiene und des Rettungswesens erbaute, sodann vom Staate erworbene und zweckentsprechend nmgestaltete Ausstellungspalast. Eine würdigere Stätte, als diese hohen, von Scitenhallen flankirten Säle, die sich durch Geräumigkeit, Lichtverhältnisse und Feuersicherheit auszeichnen und mit solider Pracht ohne Ueberladung geschmückt sind, kann sich keine Kunstausstellung wünschen. Für die diesmalige ist ein besonderer Anbau hergestellt, der den Zwecken einer rückblickenden Ansstellung dient, um an den Meisterwerken der heimischen Knust deren Entwickelnngsgang seit den Tagen des Stifters unserer akademischen Ausstellungen, Friedrichs des Großen, zu veranschaulichen. Der Beschauer, der ans der modernen Abtheilnng herausschreitet, findet in vorzüglicher Anordnung die Entwickelungsstnfen der deutschen Kunst in ihren Hauptvertretern dargestellt charakte- risirt, daß er sich fortschreitend von der Gegenwart entfernt, bis die letzte Rotunde im Hintergründe das bronzene Standbild des großen Königs zeigt und das Ganze würdig und sinnig zum Abschluß bringt. Ich gestehe, dies ist für mich das Allerheiligste der Kunst. Nicht als ob ich die Modernen verachtete — o, es sind große Meister und gewaltige Werke in den modernen Sälen vertreten -— aber was wir hier sehen, ist der Extraet ans dem, was seit hundert Jahren Großes und Schönes in bildender Kunst ans deutscher Erde geschaffen worden ist, eine Sammlung, zu der die Fürsten, wie die Kunststädte Deutschlands ans ihren öffentlichen, und zahlreiche Kunstmäcene aus ihren privaten Sammlungen die anerkanntesten Perlen hergeliehen haben. Was zwar durch die Kritik, wie Kunstgeschichte längst als Meisterwerk bekannt, durch Nachbildungen verbreitet, aber über ganz Deutschland verstreut ist, das hat patriotische Hingabe und Begeisterung für die Kunst hier für Monate wenigstens geeint. Zunächst frühere Werke noch lebender Künstler, wie die Achenbachs, Knaus und Menzel, der allein mit 13 Werken vertreten ist, darunter sein Krönungsbild und das berühmte Eiseuwalzwerk, wie Meyerheim, Vautier u. A., dann die jüngst Verstorbenen, wie Camphausen, Begas, Lessing, Julius Hübner, Gustav Richter und Ludwig Richter. Weiter führt die stolze Reihe auswärts zu Meyerheim, Preller, Kaulbach, Hildebraudt uud Cornelius, zu Hasenclever, Schadow und Schinkel, zu Anton Grass und Chodowiecki, bis sie mit dem alten Carstens und dem Hofmaler des alten Fritz, Pesne, abschließt. Und unter den Bildhauern sind Schlüter, Asiuger, Drake, Wolfs, Kiß, Rietschel, Rauch uud