Heft 
(2023) 115
Seite
79
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Wiedergefunden Hehle 79 Fontane) durch eine ›Konversation‹ zwischen verschiedenen Stimmen ge­kennzeichnet ist, die sich klassisch als Stimmen des Autors, des Erzählers und der Figuren benennen lassen. 13 Unter ›Autor‹ verstehe ich hier die ver­schiedenen Rollen, in denen sich ein Sprecher in den Manuskripten äußert, meist in der ersten Person. 14 Die Stimmen entsprechen Funktionen im text­genetischen Prozess: Der Autor tritt auf als Sammler des Materials( inven­tio), als Organisator des Materials und Planer des narrativen Textes( dispo­sitio), als dessen Verfasser( elocutio) sowie als Leser, Kritiker und Überarbeiter seines eigenen Textes. Für diese letztere Funktion, die im me­tanarrativen Text manifest wird oft erkennbar an der Verwendung eines anderen Schreibinstruments: Bleistift, Blaustift oder Rotstift(vgl. Abb. 3 links, Abb. 4 Mitte), bieten die officia oratoris keine Entsprechung; sie lie­ße sich an die memoria(das Einprägen des Textes vor dem Halten der Rede) annähern, wenn man die Publikation des verschriftlichten Textes mit der pronuntiatio oder actio(dem Halten der Rede) gleichsetzt; in Schmids Mo­dell wäre sie wohl am ehesten unter der ›Verbalisierung‹ einzuordnen, die zur ›Präsentation der Erzählung‹ führt. 15 Da die Evaluation und Revision aber stets Modifikationen des vorhandenen narrativen Textes und das Ent­stehen von neuem narrativem Text zur Folge hat, vollzieht der textgeneti­sche Prozess, wie erwähnt, eine Schleife zurück zur elocutio und, sofern kompositionelle/strukturelle Änderungen vorgenommen werden, auch zur dispositio. Dies ist einer der Gründe dafür, dass ich den Terminus ›metanar­rativ‹ wähle und auf eine Unterscheidung zwischen prä- und postnarrati­vem Text verzichten möchte: Denn postnarrativer(Autor-)Text wird auf­grund der Rekursivität des textgenetischen Prozesses bei Fontane immer zugleich wieder zu pränarrativem Text. Wenn man den Blick bzw. das Ohr auf die Gesamtheit der Stimmen rich­tet, die im Text des Fragments zu hören sind bzw. auf der Handschriftensei­te manifest werden, so wird erkennbar, dass die Stimmen des Erzählers 16 und der Figuren im Prozess der elocutio entstehen, sich gleichsam allmäh­lich aus der vielstimmigen Konversation herauslösen. Das folgende Beispiel (Konzeption 1, Szene des Wiederfindens) zeigt den mehrfachen Wechsel und die Rekursivität zwischen narrativem und metanarrativem Text, zwi­schen den Stimmen des Erzählers, der Figuren(in direkter Rede) und des Autors. Die Stimme des Erzählers spricht hier ›noch‹ im Präsens, das auch der Autor gebraucht: 17 Es wird besser sein, sie rückt ihm nicht gleich mit ihrem Antrag der Aussöhnung auf den Leib, sondern dieser Antrag entwickelt sich erst aus der Situation heraus. Es muß eine pressante Situation erfunden werden, wo sie sich nicht ver­meiden können. Ein Gewitter. Häusler-Haus im Walde. Scenerie von dem Schwarzburg-Tage. Er ist erst da. Dann kommt sie. So stehen sie sich einander gegenüber. Es ist unmöglich sich zu vermeiden.»Es soll so