Heft 
(2023) 116
Seite
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Fontanes Briefe an Paul Linsemann  Möller 25 ­Fontanes letztem Roman Der Stechlin bedankte. Gegenbriefe sind nicht überliefert. Bekannt waren bisher nur zwei der Briefe Fontanes an Linse­mann durch den Abdruck in der Neuen Rundschau von 1919 12 und in der Letzten Auslese von 1943, 13 denen die Abschriften im Theodor-Fontane­Archiv zugrundelagen. Auch diese Briefe sind hier nochmals abgedruckt. Die Anmerkungen, die Linsemann den Erben Fontanes 1901 mitgeteilt hat­te, sind den jeweiligen Briefen zugeordnet. Die Nummerierung dieser An­merkungen entspricht der mit Bleistift auf den Originalen festgehaltenen Nummerierung, die von Linsemann selbst stammte und die am Ende etwas fehlerhaft ist. Linsemann, zwischen 1890 und 1920 als Theaterkritiker, Bühnenautor, Regisseur und Theaterdirektor bekannt, ist heute völlig vergessen. Für die folgende Kurzbiographie wurden außer den Standard-Nachschlagewer­ken 14 die angegebenen Archivalien sowie Notizen aus Zeitschriften und Ta­geszeitungen genutzt, die sich über Zeitungsportale 15 und digitale Samm­lungen 16 ermitteln lassen. Linsemanns Eltern waren der Buchhalter Carl Wilhelm Linsemann und dessen Ehefrau Ernestine Hermine Laura Linsemann, geb. Bethke. Paul Linsemann wurde am 26. Februar 1871 in Berlin geboren und am 19. März in der Dreifaltigkeitskirche auf die Namen Paul Wilhelm Franz getauft. 17 Er besuchte das Königliche Realgymnasium in Berlin und trat in den 1890er­Jahren als Journalist und Schriftsteller in die Öffentlichkeit, u. a. als Redak­teur des Berliner Fremdenblatts sowie als Theaterkritiker der Berliner Bör­senzeitung 18 und des 8 Uhr Abendblatts(›L., ›Ln., ›P. Ln.,-n‹). Er schrieb Novellen, Erzählungen und kleine Theaterstücke, vor allem Komödien, die an verschiedenen Theatern gespielt wurden, u. a. das Schauspiel Der ewige Krieg(1900) 19 und das Lustspiel O diese Leutnants(1909). 20 Seine Erzählun­gen und Essays erschienen in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften, aber auch in einigen selbständigen Ausgaben. Linsemann war Humorist und Meister der kleinen Form. Lebenslang sammelte er Aphorismen, von denen er nur eine kleine Sammlung publiziert hat. 21 Außerdem veröffent­lichte er Übersetzungen aus dem Französischen, u. a. von Hugo, 22 Maupas­sant 23 und Daudet . 24 In seiner»kritischen Umschau« Die Theaterstadt Berlin (1897) geißelte Linsemann die Theaterbesucher der»Kunstbarbarenstadt« Berlin als»roh und dumm«, 25 die Theaterdirektoren als»Theater-Fremdlin­ge« 26 und die Kritiker als verlogene und bestechliche Schwätzer. 27 Dem Ab­schnitt über die Zuschauer stellte er Fontanes Gedicht Publikum voran, das sich als Vorwegnahme der satirischen Beschreibung lesen lässt, die Hein­rich Mann 1900 in seinem Roman Im Schlaraffenland gab. Ab 1901 war Linsemann als Theaterunternehmer tätig und führte in zahlreichen Inszenierungen verschiedener Theater Regie. Mit der von ihm begründeten ›Berliner Schauspielgesellschaft‹(auch ›Deutsche Schauspie­ler­gesellschaft‹, ›Berliner Schauspiel-Ensemble‹, ›Berliner Ensemble‹ ,