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Vorwort.
bezeichnten Thales aus dem Schlüsse der Diluvialzeit kann dann auch allein die grossartige Durchwaschung der Hochfläche an genannter Stelle zugeschrieben werden. Fast möchte man in den auf dem Kärtchen weiss erscheinenden alluvialen Thalsohlen jener Gegend, deren strahlenartiges Ausgehen von der obenbezeichneten Durchbruchsstelle im Elbthale gar nicht zu verkennen ist, noch heute die damals entstandenen Flussbetten erkennen. Ja in der Form des Rhinow, des Friesack und der anderen in dem Durchwaschungsgebiet stehen gebliebenen Inseln und zwischenliegenden Niederungen vermag man sogar die jene Flussbetten nach Westen umlenkende Kraft der Wasser des Berliner Hauptthaies zu erblicken, welche ihrerseits wieder durch den stauend wirkenden Anprall gegen den nördlich gelegenen Bellin gedrängt wurden und hier die gewaltige Ausbauchung verursachten, welche zusammen mit den von Norden drängenden Rhinwassern beinahe zu einem weiteren grossen Durchbruche zwischen Fehrbellin und Kremmen geführt hätte.
Diese Durchwaschung der Hochfläche von Rathenow bis Pritzerbe muss aber, so plötzlich und gewaltsam sie auch allen Spuren nach begann, längere Zeit gedauert haben. Die ehemaligen Elbwasser müssen einst über Pritzerbe in NO-Richtung wirklich ins Berliner Hauptthal ab, und mit den Wassern desselben vereint, am heutigen Friesack vorbei nach Westen geflossen sein. All- mälig gelang es ihnen zwischen Rhinow und Friesack und schliesslich über Rathenow direct auf Sandau einen immer näheren Weg zu erzwingen. Dann erst und nicht früher begann der untere Theil des Baruther Hauptthaies als der noch nähere Weg in seine alten Rechte als Flussthal wieder einzutreten. Erst am östlichen Rande desselben, am sogenannten Klietzer Plateau entlang und schliesslich in gerader Nordlinie am heutigen Arneburg vorbei fanden die Elbwasser ihr heutiges Bett. Noch jetzt aber werden sie nur künstlich durch die Dämme gehindert, bei Hochwasser nicht einen erheblichen Theil desselben durch den letzt verlassenen Abfluss bei Rathenow, durch die heutige untere. Havel, hinabzusenden, wie sie es bei Dammbrüchen bereits mehrmals gethan '). Mit dem Beginn der heutigen Verhältnisse im Elbthale vollendete sich aber gleichzeitig die grossartige Neubildung jener weiten, soweit nicht später die Havelwasser sich durch die alten Läufe ein neues Bett suchten, ununterbrochenen Moor- und Wiesenflächen, die der treue Wanderer der Mark Fontane in der im Mai 1872 geschriebenen Einleitung zum Havellande so anschaulich besingt, und von denen selbst der flüchtige Eisenbahnreisende der heutigen Zeit zwischen den Haltestellen Buschow und Nennhausen der Berlin-Lehrter Eisenbahn unwillkürlich einen Eindruck erhält.
Betrachtet man von diesem Gesichtspunkte aus die 9 Blätter der XXXV. Lieferung, so versteht man leichter die grosse Zerrissenheit sowohl des geognostischen wie des orographischen Bildes eines jeden einzelnen. Selbst die südöstlichste der Sectionen, die Section Tremmen, welche noch einen grossen Theil des zusammenhängenden Nauener Diluvialplateaus enthält, lässt doch in den von Südwesten in dasselbe hineingreifenden Niederungen die äussersten östlichen Ausläufer jenes oben geschilderten Durchbruches der Elbwasser erkennen.
‘) Siehe Wahnschaffe in Jahrb. d. Königl. Geol. Landesanstalt für 1885, S. 129 u. 130.