Geſchichtliche Einleitung. XXXI
der Strecke Berlin -Hamburg , hat nur die Südweſtecke des Kreiſes einigen Vorteil gezogen, erſt drei Jahrzehnte darauf wurde der Oſten durch die„Nordbahn“ über Granſee nach Stralſund durchſchnitten. Neuruppin ſelbſt erhielt nicht früher als 1880 einen Nebenanſchluß über Paulinenaue . Überhaupt begann man von da an durch den Bau von Nebenbahnen, z. B. von Löwenberg über Lindow nach Rheinsberg , das Bahnnetz auch über die Mitte des Kreiſes auszudehnen.
Der Kern des Kreiſes blieb immerhin von den großen Verkehrslinien ſo gut wie unberührt. Von induſtrieller Entwicklung läßt ſich kaum reden. Ahnlich wie die Kreiſe Zauch-Belzig oder Oſtprignitz trägt Ruppin auch heute vorwiegend noch einen landwirtſchaftlichen Charakter. Die Verteilung von Wald und Acker erfuhr, ſoweit ſich verfolgen läßt, ungefähr vom Ausgang des 17. Jahrhunderts an bis auf den heutigen Tag keine weſentliche Verſchiebung. Schon vor vier Jahrhunderten war die geſamte Nordhälfte des Kreiſes mit ihrer Überzahl wüſter Feldmarken zum großen Teil mit Strauchwerk bewachſen. Immer mehr und mehr breiteten ſich hier die Waldungen aus, ſo daß nachweislich in friderizianiſcher Zeit, wenn man die nach 1767 entſtandene Schmettauſche Karte im Geheimen Staatsarchiv mit einer modernen Karte vergleicht, Wald und Acker ungefähr dieſelben Flächen bedeckten wie noch heute. Daher iſt auch die Bevölkerungsvermehrung verhältnismäßig gering. In der Zeit von etwa 1800 bis 1870 war freilich noch ein geringes Anſteigen von 1“ bis 1° jährlich zu verzeichnen. Doch in den letzten vier Jahrzehnten ging die Bevölkerungsziffer in der Mehrzahl der Dörfer zurück und ſtieg auch in den Städten gar nicht oder nur wenig. Damit iſt nun nicht geſagt, daß die Landeskultur überhaupt nachgelaſſen hat. Der Ackerbau wird vielmehr nachdrücklicher als zuvor betrieben, mit vielen Maſchinen, ſo daß Arbeitskräfte geſpart werden. Von eigentlich armen Ortſchaften läßt ſich nicht mehr ſprechen, ſelbſt in den kargen Strichen im Norden des Kreiſes herrſcht ziemlicher Wohlſtand. Die Dörfer am Luch ſind als reich zu bezeichnen.
Wenn auch von 1802 an Rheinsberg auf lange Zeit verödete, ſo bildeten ſich an anderen Stellen des Kreiſes, zumeiſt dank dem anſäſſigen Adel, gewiſſe Kulturmittelpunkte, ſo beſonders in Radensleben, wo Ferdinand v. Quaſt, vorzüglich in der Zeit von 1837 an auf vielen Reifen feine ſchönen Kunſtſammlungen zuſammen— brachte. Damals trat Karl Friedrich Schinkel , der nach dem Neuruppiner Brande infolge der Überſiedlung ſeiner Mutter nach Berlin ſeiner Vaterſtadt entfremdet worden war, wieder mit ſeiner Heimat in engere Beziehungen, wie auch aus Dokumenten in der Göritzbibliothek im Märkiſchen Muſeum hervorgeht. Ein merkwürdiges Zuſammentreffen, daß gerade die beiden Männer, denen die Bände der„Kunſt— denkmäler“ am letzten Ende ihr Entſtehen verdanken, im Ruppiner Lande ihre Heimat hatten. Schon 1815 hatte Schinkel ſeinen Feldzug gegen den„ſchmutzigen Handel“ mit bedeutſamen beweglichen Denkmälern begonnen, und v. Quaſt, 1843 zum Konſervator des Preußiſchen Staates ernannt, focht tapfer weiter für die Erhaltung der Kunſtdenkmäler, als deren ſchlimmſte Feinde er Unwiſſenheit, Gewinnſucht und falſche Verſchönerungsſucht bezeichnete. Unermüdlich ſammelte der einzige Sohn des„Ahnherrn aller Huſaren“, Landrat v. Zieten, Altertümer aller Art. In neueſter Zeit end