Teil eines Werkes 
Bd. 1, Teil 3 (1914) Die Kunstdenkmäler des Kreises Ruppin / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz ...
Entstehung
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LIII
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Kunftgefchichtliche Uberſicht. LIN

naturaliſtiſche vegetabiliſche Motive hinzu, als fie dem Rokoko damals im allgemeinen ſchon eigen waren. a

Die wachſende Neigung der Zeit für das Naive und Natürliche führte dann ſpäter zu einer Vorliebe für die enger an die Naturformen anſchließenden chineſiſchen und japaniſchen Dekorationen. Auch in Rheinsberg kam dergleichen in einigen Zimmern aus der Zeit des Prinzen Heinrich zuſtande. Der gleichen ſpäteren Zeit gehört dann auch die Wanddekoration im Schlafzimmer des Prinzen mit ſeinen an Raffael und in zweiter Linie an pompejaniſche Wandmalerei erinnernden Ornamenten an. Einige Zimmer der ſpäteren Eckbauten reichen durch ihren einfachen Ornament­ſchmuck der Decken und ihre Wandtapeten bereits in die klaſſiziſtiſche und Empire­zeit hinein.

Aus dem 19. Jahrhundert iſt eine Zimmereinrichtung in Radensleben be­merkenswert, die von Schinkel entworfen ſein ſoll.

Kunſtgewerbe.

Ziemlich reichhaltig iſt die aus dem Kreiſe zu gewinnende Sammlnng von Goldſchmiede­Kelchen. Der Zeit nach ſowohl wie durch ſeinen kunſtgeſchichtlichen Wert ſteht an arbeiten. der Spitze ein frühgotiſcher Kelchfuß zu Wuſterhauſen . Für ſeinen Stilcharakter ſind beſonders bezeichnend das naturaliſtiſche Blattwerk mit den z. T. in Perlen­reihen aufgelöſten Mittelrippen, das Schnurmotiv der Medaillonumrahmung, die kleinen Vierpaßdurchbrechungen des flachen Fußrandes und die Chimären am ſechs­ſeitigen Schafte. Der Knauf hat noch nicht die pikante Modellierung der Hoch­gotik, ſondern eine ans Romaniſche erinnernde flache Wulſtform; die in jener ſo kräftig vorſpringenden Rautenzapfen ſind nur erſt angedeutet durch quadratiſche flache Auflagen auf breiteren, weich abgeſtuften Kreiszapfen. Beachtenswert iſt auch der weite Abſtand des Knaufes von der Kuppa, die ihrerſeits freilich nicht gleich: zeitig mit dem Fuße, ſondern erſt in die Renaiſſancezeit zu ſetzen iſt. Außer dieſem hervorragend ſchönen Torſo iſt die Frühgotik noch durch einen kleinen Kelch in Neuruppin von äußerſt charakteriſtiſchen Verhältniſſen und Umriſſen vertreten; be­ſonders beachtenswert ſind daran neben der reichen plaſtiſchen Verzierung des runden Fußes die Größe und äußerſt kräftige Modellierung des Knaufes ſowie die Kürze des Schaftteiles zwiſchen ihm und der Kuppa.

In Neuruppin , Bechlin, Kränzlin, Manker und anderen Orten finden ſich dann verſchiedene Typen der Hoch: und Spätgotik, die den allgemeinen Wandel der Formen gut erläutern, indem ſie u. a. erkennen laſſen, wie der Fuß aus der Kreis­form zum Sechspaß übergeht, der Schaft ſechseckig wird, die Zapfen des Nodus immer ſtärker hervorſpringen und die für den Alleingebrauch des Prieſters ein gerichtete Kuppa klein wird, ſowie ſtraffen Kontur erhält, ſchließlich aber im 16. Jahrhundert wieder vollere und bewegtere Formen annimmt. Dieſem Schluß der Entwicklung gehören auch die ſchönen Kelche zu Neuruppin und Bechlin mit ihrer paßförmigen, ausgebuckelten Kuppa an. Eigenartig und ſelten iſt die ſechs­eckige Scheibenform des Nodus am kleinen Kelche von Manker aus ſpäteſt⸗gotiſcher