Teil eines Werkes 
Bd. 1, Teil 3 (1914) Die Kunstdenkmäler des Kreises Ruppin / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz ...
Entstehung
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LIX
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KAunſtgeſchichtliche Uberſicht. IX

nur für die Entſtehung des Werkes im 14. Jahrhundert bezeichnend, ſondern tragen auch zu der eindrucksvollen Schönheit des Ganzen bei und ſind geeignet, uns einen recht günſtigen Begriff von der norddeutſchen Plaſtik jener Zeit zu geben.

Demnächſt iſt das bedeutendſte Werk die faſt vollrund gearbeitete Steinfigur des Bruder Wichmann, des Stifters der Kirche. Der fein und ſcharf charakteriſierte Kopf, das in langen, ſchlichten Falten herabfließende Gewand, der Krückſtock in der Linken, der eigentümlich angepreßte Arm mit dem Brevier in der Hand erſcheinen durchaus als Momente individueller Art und das Ergebnis vielmehr eines geſunden Realismus als einer ſpezifiſch⸗ſtiliſtiſchen Formgebung. In dieſer Auffaſſung erinnert die Figur einigermaßen an die freilich erſt der Wende des 14. Jahrhunderts an­gehörende Sandſteinfigur des Biſchofs Wöpelitz im Schiff der Wilsnacker Wallfahrts kirche. Von der dort angewendeten Polychromierung findet ſich hier zwar keine Spur, troßdem darf man fie nach den Gepflogenheiten des Mittelalters auch in dieſem Falle als urſprünglich vorhanden annehmen.

Von weit geringerer Bedeutung als dieſes ſeltene Standbild ſind die dekorativ gehaltenen, weit ſpäteren und überdies vielfach bis zur Unkenntlichkeit verwitterten kleineren Figurengruppen an den Chorwänden.

Nicht viel zahlreicher find die Steindenkmäler der Renaiſſance⸗ und der Barock­zeit. Jene iſt namentlich durch zwei faſt gleichzeitige Epitaphien, zu Rheinsberg und Altruppin , vom Ende des 16. Jahrhunderts, vertreten. Schon ganz frei von gotiſchen Elementen zeigen ſie doch in ihrem architektoniſchen Aufbau und namentlich in der Durchbildung der Stützen und Gebälke eine naive Unbeholfenheit, die ihre Wirkung mehr durch den Reichtum an Motiven aller Art als durch feine edle Verhältniſſe und Profilierungen zu erzielen ſucht. Von den im Kreiſe auffallend ſeltenen, mit Relief­figur geſchmückten Grabſteinen iſt nur der Klitzingſche in Walsleben von 1586 als tüchtige Arbeit hervorzuheben. Der Zeit nach ſchließen ſich hier an zwei in Alabaſter gearbeitete Bruchſtücke im Kreismuſeum zu Neuruppin , die ſowohl durch die flotte Behandlung des Figürlichen wie durch die Knorpelformen im Ornamentalen an die Art Chriſtoph Dehnes(vgl. Bd. Weſthavelland S. XL Vll) erinnern.

Die hervorragendſten Denkmäler der Barockkunſt ſind die zu Ganzer und Wuſtrau . Jenes, ein typiſcher Vertreter des flotten, techniſch gewandten, aber auch überſchwenglichen Barock aus der Schlüterſchen Schule, ſteht vielleicht Glume nicht allzufern; wenigſtens erinnert eine der ſeitlichen ſitzenden Figuren ſtark an die wilden Männer des Rathenower Denkmals des Großen Kurfürſten. Bei alledem muß man das Geſchick anerkennen, mit welchem der Aufbau der Wandfläche ſich den beiden einſchließenden Fenſteröffnungen anpaßt. Weit ruhiger, gemeſſener, zurückhaltender, aber auch ſteifer iſt die Anordnung der Maſſen und die xinienführung bei dem Zietenſchen Grabmal in Wuſtrau , das uns in eine fünfzig Jahre fpätere Zeit verſetzt und ſchon das Herannahen des Klaſſizismus ſpüren läßt. Bermutlich gehört die vielleicht nach einer Rohdeſchen Skizze ausgeführte Arbeit dem jüngeren Friedrich Elias Meier an, der damals vielfach nach Entwürfen dieſes Meiſters arbeitete, z. B. an den Figuren für die Spandauer Brücke in Berlin , und bald danach im Jahre 1790 ſtarb.