Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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XLIII
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Geſchichtliche Einleitung. XL

Fortſchritte unter abſolutiſtiſcher Regierung.

Ein Kriegs- und Steuerrat, mit dem Sitz zumeiſt in Potsdam , führte nunmehr die Aufſicht. Mit eine Folge dieſer ſcharfen Beaufſichtigung der Finanzen und der durch die Vereinigung der Magiſtrate erzielten Erſparniſſe war, daß am Schluß der Regierung des Soldatenkönigs einer Einnahme von über 27000 Talern eine Ausgabe von nur 13000 Talern gegenüber ſtand. Die jährlichePenſion aus der Burg- und Crackowiſchen Mühle ſowie der alten und neuen Mahlmühle bildete einen Hauptpoſten.) In den Forſten wurde dem Magiſtrat die Bebauung von Sandſchollen und die Anlage von Wegen zur Pflicht gemacht, und lobend erkannte der Städteforſtmeiſter v. Lepell in einem Berichte vom Oktober 1770 an, wieviel hierin erreicht ſei.

Auch auf die Baupolitik erſtreckte ſich die Bevormundung von oben, und 1770 ſchrieb Steuerrat Richter faſt drohend an den Magiſtrat:Es iſt in Erfahrung gekommen, daß mit dem Bau⸗Inſpector Buſſe über die Anfertigung dero Kämmerei Bau⸗Anſchläge Magistratus nicht gehörig zu Rathauſe conferiret.2) Beſonders wurde durch die Vermittelung des Steuerrats die Beſetzung der wüſten Stellen betrieben, und wenn es ſich um Neubauten handelte, hatte der ſonſt ſo ſparſame Friedrich der Große ſtets Mittel zur Bewilligung von Baufreiheitsgeldern zur Verfügung.

Die Schatten fehlen ja freilich in dieſem Bilde auch nicht, ſo der von oben be fohlene Neuanſtrich des Neuſtädter Rathauſes 1720, ſpäterhin die Umwandlung des Alt­ſtädter in ein Fabriquen Gebäude, ferner die Einmiſchungen der Militärbehörden in die Zivilverwaltung, wie z. B. am 5. Juni 1722 der Oberſtleutnant v. Pini durch einen Fähnrich den Magiſtrat an dieAbweißung der Häuſer, Pflaſterungen der Straßen und andere Reparationen erinnern ließ.) Und, last not least, der Abbruch der Marienkirche!

Schon von 1656 an blieb Brandenburg dauernd mit ſtarker Garniſon belegt. In den Tagen Friedrich Wilhelms J. lagen hier dieRieſen, auchLeib Regimentſchen genannt, die denBreiten Stein für ſich beanſpruchten, und öfters vor dem König, der in demFreyhaus an der Langen Brücke abſtieg, in Parade ſtanden; auf dem Neuſtädter Markt befanden ſich Hauptwache und Galgen. Von 1742 an lag hier das Infanterieregiment Nr. 36. Um das Ausreißen zu ver­hüten, zog man Paliſaden und ſtellte auf dem Marienberg eine Lärmkanone auf, die die Deſertionen aller Welt verkünden ſollte; manaptierte auch den Hauptſaal im Neuſtädtiſchen Rathauſe für 500 Taler zum Exerzieren, und wie die Soldaten ſich als Herren fühlten und die Magiſtratsmitglieder faſtaufgeſpießt wurden, lehrt ein Schreiben des Rates an den Kriegs- und Steuerrat Richter vom Jahre 1773, Nachklänge zu den Tagen des Dreißigjährigen Krieges, als die Scharen

) Städt. Archiv, Cod. G. 26.

Städt. Archiv, A a JI. 48.

) Vgl. Frommes Beſchreibung, S. 46 f, mit Hinweis auf die Vernichtung alter Gemälde. *) Städt. Archiv, Cod. G. 8, P. 642; vgl. Tſchirch, Bilder, S. 129.