Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
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Kunſtgeſchichtliche Überficht. LXI

der bei weitem wirkungsvollere Gegenſätze in der Gruppierung der Baſilika ergab und überhaupt zu den künſtleriſch bedeutendſten der Kirchenarchitektur gehört. Die Oſtteile hatten ſich allmählich immer reicher entwickelt. Ausgehend von einem einfachen Rechteck, aus deſſen Oſtmauer drei flache Apſiden ausgehöhlt waren, wurden dieſe bald frei nach Oſten hinausgeſchoben. Schüchterne ſeitliche Erweite­rungen an den Oſtteilen reckten ſich ſchließlich als Flügel eines Querſchiffs weit hinaus und ſetzten oſtwärts ebenfalls halbrunde Altarniſchen an. Die Hauptapſis erhielt in dem öſtlichen Kreuzarm einen Vorchor, die Seitenſchiffe ſchoſſen beide durch das Querſchiff hindurch, oſtwärts weiter fort, um den Hauptchor zu begleiten. Ihr Ziel erreichten ſie hier gleichfalls in Altarniſchen. Gewiſſermaßen als Rückſtau ihres Vorſtoßes gen Oſten traten weſtlich vom Querſchiffe ſchließlich verſtärkte Vierecke heraus, um ſich zu Türmen zu erheben. So etwa war der Stand der Grundriß­entwicklung der zuweilen bereits ganz gewölbten Kirchen, zur Zeit als ſich in Brandenburg in raſcher Folge innerhalb dreißig Jahren drei neue Gotteshäuſer gleichſam aus grünem Raſen zu erheben begannen.

Von den zwei geiſtlichen Bruderſchaften, die in der erſten Hälfte des 12. Jahrhunderts in kühnem gottbegeiſterten Streben ihren Aufſchwung nahmen, waren die Ziſterzienſer bei äußerſter Strenge und Enthaltſamkeit in der Lebensweiſe der nützlichen Werktätigkeit im Ackerbau und in der Kunſt hingegeben. Die ihnen befreundeten Prämonſtratenſer , von nicht minder heiligem Eifer beſeelt, hatten ſich ihre Ziele hingegen hauptſächlich auf dem geiſtlichen Gebiete gewählt. Wiewohl auch ſie ſich dem eigenen Betriebe der Bodenkultur nicht verſagten, waren ſie doch inſofern vor allem vorzüglich zum Kulturträger für die neu erworbenen Landſtriche des Oſtens geeignet, als dieſer bisher heidniſch geweſen und ſie ſelbſt eigentlich weniger Mönche als vielmehr eine Kongregation von regulierten Kanonikern anfänglich ihre Hauptaufgabe in der Heranbildung von Geiſtlichen ſahen, wie ſolche hier für die vielen neu einzurichtenden Landkirchen bald zahlreich erforderlich wurden. Fürſt Pribislav hatte im Bunde mit Biſchof Wigger die UÜberſiedlung eines Konvents dieſes Ordens von Leitzkau nach Brandenburg bewirkt. Aus ihm ging bald das Domkapitel hervor, deſſen Patronat ſich abgeſehen von der biſchöflichen Kathedrale ſelbſt gerade auf die drei zur Parochie Parduin gehörigen Kirchen erſtreckte, deren Gebäude, als die älteſten Bauwerke der ganzen Stadt, für ihre früheſte Kunſtgeſchichte vor allen anderen in Betracht kommen, nämlich St. Gotthardt , St. Nikolai und St. Marien auf dem Harlunger Berge. Sie dürfen mit Beſtimmt­heit als Prämonſtratenſerwerke bezeichnet werden. Soweit ſich bei dem Mangel an Vorarbeiten erſehen läßt, ſcheinen dieſe weniger auf eine eigenartige Aus­geſtaltung ihrer Kirchen ausgegangen zu ſein, vielmehr ſich gern der am Orte beſtehenden Bauweiſe und ſeinen ſonſtigen Verhältniſſen angepaßt zu haben. Örtliche Kunſtüberlieferungen fehlten nun allerdings in Brandenburg im 12. Jahr hundert noch gänzlich. Das Ergebnis jener Anpaſſung konnte daher hier nur Sparſamkeit im Aufwande ſein. Aus ihr allein erklären ſich bereits hinreichend einzelne Züge, aus denen man wohl mit Unrecht einigen Werken der Prämon