Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
Seite
LXXI
Einzelbild herunterladen

Kunſtgeſchichtliche Uberſicht. LXXI

Dominikanern wieder erſtehende Geiſt der Prämonſtratenſer zog auch hier eine hohe Schranke zwiſchen ſich und dein Volke: einen Lettner , als deſſen Überreſte ſich wohl die im Kreuzgange von St. Pauli noch erhaltenen Apoſtelſiguren zu erkennen geben.

Hat aber auch die wahre Religioſität durch das eifernde weltbürgerliche Treiben der Dominikaner wenig gewonnen, fo muß fie doch die Kunſtgeſchichte als treffliche Baumeiſter ſchätzen. Ihre Paulikirche zu Brandenburg iſt ein vollgültiges Beiſpiel für die Förderung, welche gerade die Architektur durch ſie erfahren hat. Ein vor nehmer Zug beherrſcht die nicht unbedeutende Anlage namentlich im Aufbau und ſichert dem Bauwerke beſonders im Inneren eine edle monumentale Wirkung trotz der recht ſchlichten Bauglieder und des ſehr maßvollen Schmuckes.

So einfach die Architekturformen der Dominikaner indeſſen waren, fo bedeuten ſie doch für Brandenburg einen weſentlichen Fortſchritt und eine Bereicherung des Formenkreiſes. Die reife Gotik mit ihrer ſchön durchgebildeten Wölbung kam durch die Paulikirche zum erſten Male zu voller Ausgeſtaltung, der Spitzbogen zu ausſchließ licher und vollendeter Anwendung. Ganz neue Motive, wie das Maßwerk, treten faſt fertig entwickelt in die Erſcheinung. Zwar iſt den Chorfenſtern noch anzumerken, daß ihr Maßwerk von den weltläufigen Dominikanern aus dem Werkſteingebiete ein­geführt wurde; doch ſchon im Langhauſe verliert es an Fleiſch, während zugleich ſeine ſpitzer und eckiger werdenden Formen frühzeitig die Richtung zur Spätgotik verraten. In ſeinen geometriſchen mit Hilfe von Zirkel und Winkel erzeugten Motiven erſtarrt die freie Handzeichnung. Das Maßwerk verdrängt nun überhaupt bald mehr oder weniger die freien plaſtiſchen Schmuckformen. Das kaum noch ſtärker gewordene Backſteinmaß beſtimmt auch jetzt die Kraft der Bauglieder, der Fenſterpfoſten und inneren Wandvorlagen und bewirkt jene äußerſt magere Schlankheit, die dem Weſen dieſer Ordensbauten ſo gut entſprach. Die Profilglieder verfeinern ſich, ſtatt eines gibt der halbe Stein ihrer drei her, die meiſt zwiſchen Stäbchen und Kehlen wechſeln. Am Außeren iſt es vor allem der Strebepfeiler, der hier zum erſten Male als unab weisbare Folgeerſcheinung der Wölbung ſeine ausgeſprochen gotiſchen Querſchnitt verhältniſſe, große Tiefe bei geringer Breite, annimmt.

Gewiſſe Ähnlichkeiten mit der Paulikirche zeigt der etwa gleichzeitige Umbau des bis dahin noch romaniſchen Do mlanghauſes. Vor allem macht ſich in der Ein richtung des als Kanzel dienenden Ambo mit ſeinen ſeitlichen Treppenaufgängen eine Einwirkung der Predigermönche geltend.

Inzwiſchen waren auch die nächſt dem Dome ſtehende Peterskirche zur Hälfte aus dem Feldſtein der alten Burgkapelle, und die Jakobskapelle vor dem Steintore, vorerſt ohne ihren Turm, entſtanden. Beide kleinen, noch unge wölbten Bauwerke liefern uns anſpruchsloſe, aber doch anziehende Beiſpiele jener ſchlichten Kapellenbauten, die das Mittelalter vor den Toren der Städte ſo zahlreich geſchaffen hat und die meiſt, wie bei St. Jakob, als Hoſpital- oder Siechenhaus kapellen dienten. 3.

In ganz ähnlicher, nicht minder einfacher Erſcheinung war ja die erſte noch kleine Johanniskirche der Grauen Brüder der Altſtadt erſtanden. Seitdem war aber viel