Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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54; Stadt Brandenburg .

Die geringere Höhe der Kapellen führte notwendig zu oberen Scheidemauern zwiſchen deren Gewölben und denen des Schiffs. Der an eine rauſchende Fülle der Formen gewöhnte Meiſter konnte dieſe nicht leer ſehen, belebte ſie vielmehr für ihn noch maßvoll genug mit einigen ſchlichten, fenſterähnlichen Blenden, die man bisher irrtümlich als Reſte für die Dauer geplanter und ausgeführter Fenſter angeſehen hat. Das gleiche Motiv wendete er in künſtleriſcher Folgerichtigkeit noch zweimal auf der Oſtſeite des Langhauſes an. Hier war nicht allein des einſtweiligen Abſchluſſes wegen, ſondern auch um die beiden holzreichen Dachſtühle durch einen Brandgiebel zu trennen, ein ſtarker Tragebogen zur Aufnahme der Dachlaſt und eine erhebliche Verſtärkung der beiden entſprechenden Arkadenpfeiler nötig. Um dem Schub, den der ſchwer belaſtete Triumphbogen gegen die Seitenſchiffe übte, wirkungsvoll, d. h. am rechten Punkte zu begegnen, war dem Meiſter das Motiv jener durch Blenden belebten Schildmauer, das ſich bei den Kapellen als Notwendigkeit ergeben hatte, konſtruktiv höchſt willkommen. Er legte deshalb die für ſpäter nötigen Seitenſchiffdurchbrechungen der Oſtmauer ebenſo niedrig an(Abb. 30) und verhalf dadurch gleichzeitig dem Triumphbogen zu einer Höhenwirkung, die er bei gleich hoher Kämpferlage der Seitenbögen nicht erreicht haben würde. Seine ſteife Spitzbogenform, die freilich von allen Bogenformen am wenigſten Schub äußerte, paßt recht ſchlecht zu den Netz­gewölben, deren Rippen ſich vorherrſchend in der Fläche einer Halbkreistonne bewegen. Der unglückliche Verſchnitt beider Formen wäre durch zwei übereinander angeordnete, einen unteren runden und einen oberen ſteil-ſpitzigen Bogen vermieden worden. Der Brandgiebel über den Bögen wurde an feiner öſtlichen Außenſeite durch ſchlanke Blenden belebt, deren Grund man einſtweilen durch eine Maßwerk andeutende Malerei verzierte. Ja man führte ſogar den durchbrochenen Fries in Traufhöhe hier plaſtiſch, wie an den Längsſeiten, herum. Zur Zeit ragen nur noch kleine kurze Spitzpfeiler an dieſer Stelle über die mächtige Dachfläche hinaus.

Damit war der Kirchenbau der Neuſtadt zu einem vorläufigen Abſchluß ge­kommen. Der Bau des nun fertigen Langhauſes war anſcheinend ſehr raſch gefördert worden. Er war bis Ende 1395 vermutlich ſchon bis etwa 2 m über Kaffſims gediehen, wo deutlich ein Wechſel im Bauſtoff erkennbar iſt, und erreichte wohl 1396 ſchon ſeine Vollendung, etwa mit Ausnahme der nachträglich vorgelegten reichen äußeren Wandpfeiler. Wir können nur vermuten, daß der vorläufige Abſchluß, wie ja meiſtens, durch die allgemeinen wirtſchaftlichen Grundbedingungen herbeigeführt worden iſt. Doch kann die Unterbrechung auch unmittelbar durch die furchtbaren Fehden verurſacht worden ſein, die Brandenburg in jenen Jahren mit dem Erzbiſchof von Magdeburg , Albert IV., auszufechten hatte.;

Vierte Bauzeit. Die genaue Dauer der Bauunterbrechung entzieht ſich unſerer Kenntnis; indeſſen kann es ſich nur um wenige Jahre gehandelt haben, bis man zur Vollendung des Gebäudes ſchritt, deſſen öſtliche Arkaden inzwiſchen einen Notabſchluß erhalten hatten, ebenſo wie die mächtige Spitzbogenöffnung, die man am Oſtende der Nordſeite für die dort zu erbauende Kapelle angelegt hatte; denn bei der Planung der Kirche war von vornherein dieſe Kapelle und eine der Größe und Bedeutung