Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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90 Stadt Brandenburg .

geendigt; auf Kämpfergeſimſe verzichtete man. Die äußere Backſteinreihe der Bögen nimmt bei dem allein noch völlig erhaltenen Nordportal vom Kämpfer bis zum Scheitel ſtark an Breite zu; der Bogen nächſt der Sffnung iſt ſpitz, die äußere Rückenlinie, die durch eine Flachſchicht gebildet wird, nähert ſich aber dem Rundbogen) bzw. der Hufeiſenform. Eine etwas ſteilere Neigung der Seitenſchiffdächer, wie ſie nunmehr angewendet wurde, bedingte freilich eine abweichende Ausſtattung der Obermauern. Statt der ſchlanken Rundbogenfenſter führte man im Obergaden jetzt die Kreisform und ein übereckgeſtelltes Quadrat ein, die beide weniger Höhe beanſpruchten. Die Bogenfrieſe wurden nun, wie faſt alle Einzelheiten, bedeutend breiter und kräftiger ausgebildet, an den Seitenſchiffen meiſt durch Verſchlingung zweier Bogenreihen bereichert, an der Südſeite des Mittelſchiffs aber zu ſteilen Zickzackfrieſen umgeſtaltet, wie wir ſie an der Kirche des benachbarten Plaue wiederfinden. Dieſer Mannig­faltigkeit der Frieſe ſteht die der ſtützenden Konſölchen nicht nach(Abb. 56. Durch die Erhöhung der Seitenſchiffdächer waren auch die Bogenfrieſe und die Traufe des Hauptdaches etwas höher hinaufgeſchoben worden. Dennoch gelang es, beide Teile unter ein gemeinſames Dach mit durchgehender Traufe zu bringen, indem man die Oſtteile nachträglich um zwei Schichten erhöhte. In dieſer Höhe verlegte man nun durchweg die Balken, im Weſten für die im neuen Teil geplante Holzdecke und im Oſten unter Berückſichtigung der hier demnächſt noch auszuführenden Gewölbe.

Der gegenwärtig beſtehende Dachſtuhl über dem Mittelſchiff(Abb. 50 und 51) iſt, abgeſehen von zahlreichen Auswechſelungen und Anſchuhungen an der Traufe, im Kern noch der urſprüngliche aus dieſer Zeit und ſomit vielleicht das älteſte Zimmer­werk in der Provinz. Die Längsverſtrebung iſt nur durch Windlatten unter der Dachhaut bewirkt. Im Übrigen ſtehen die Binder einzeln für ſich. Soweit die Holz decke im Schiff reicht, ſind ſie alle im weſentlichen gleich und von höchſt einfachem aber durchdachtem Gefüge. Sie beſtehen aus Balken, Sparren und zwei Stielen, die ſich mit einem Kehlbalken in Überblattung kreuzen. Die bald darauf allgemein gebräuchlich werdenden kleinen Fußſtaffeln fehlen noch. Nur in den Oſtteilen, wo die Balken wegen der geplanten Gewölbe z. T. ausgewechſelt werden mußten, wurden ſie auf den kleinen Stichbalken unerläßlich. Hier beſchränkte man ſich ſtatt eines Decken⸗ und eines Kehlbalken auf einen möglichſt tief gelegten(in Abb. 50 punktierten) Kehlbalken. Die alten Hölzer ſind keineswegs ſtark in den Maßen Stiele 12* 12 cm, Kehlbalken 1315 em), aber von beſtem Eichenholz. Eine nicht mit Sicherheit zu erklärende Eigentümlichkeit ſind die Holznägel, welche in ſchwankendem Abſtande, meiſt etwa 30 em über dem Kehlbalken durch alle Stiele geſchlagen ſind, ohne irgend welche Spuren einer Holzverbindung an dieſen Stellen(Abb. 50). Ausgenommen ſind hierbei nur die abweichenden Binder über den Kappen. Die Seitenſchiff dächer ſind 1903 erneuert.

) Stiehl ſpricht(a. a. O, S. 72) irrtümlich von einer Scheitelverſtärkung,mit welcher der innere Rundbogen in den äußeren Abſaätzen in den Spitzbogen übergeführt iſt. Eine Zunahme der Bogenſtärke gegen den Scheitel hin findet ſich übrigens ebenſowohl wie die umrahmende Flachſchicht u. a. bereits an dem um 1140 in Bruchſtein ausgeführten Südportal des Havelberger Domes.