Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
Seite
136
Einzelbild herunterladen

136 Stadt Brandenburg .

bildete eine Art Krypta, die dem heiligen Leonhardt geweiht war und das Erb begräbnis der angeſehenen Familie von Waldenfels enthielt. Der obere eigentliche Kapellenraum lag wie ein Hochchor zur Kirche und ſtand mit ihr durch eine breite gerade Treppe in einer größeren Bogenöffnung in Verbindung. Außerdem ſtellten zwei Wendeltreppen ſeitwärts neben dem Kapellenanſchluß den Zugang zur Krypta und zur Kirchenempore her. Die Gewölbe ruhten durchweg auf Rippen. Äußerlich war die Kapelle durch die Treppentürme und acht tiefe Strebepfeiler ſehr kräftig gegliedert. Dieſe waren reich mit glaſierten Maßwerkformen bekleidet,') unterhalb des Hauptgeſimſes abgeſetzt und fialenförmig über das Hauptgeſims und deſſen Galerie hinausgeführt.

Über die innere Ausſtattung der Kirche iſt faſt nichts überliefert. Bis zum Jahre 1526 bewahrte man darin ein Götzenbild des Wendengottes Triglaf auf. Es ſoll damals dem däniſchen Könige Chriſtian II. geſchenkt worden ſein.

Inbetreff der Glocken der ehemaligen Marienkirche äußert Wernicke(in, Bär 1876, No. 20) die Vermutung, daß die gegenwärtig auf dem Turme der katholiſchen Kirche hängende 0, 49 m Durchm. haltende Glocke vielleicht aus der Marienkirche ſtamme. Sie gelangte an ihren jetzigen Platz nach dem Brande des Turmes der Peterskirche auf dem Dome, wo ſie ſich bis dahin befunden hatte(ſiehe ihre Beſchreibung nebſt Abbildung ihrer Reliefs unter St. Peter.)

v. Minutoli(Denkmäler mittelalterlicher Kunſt in den Brandenburgiſchen Marken, 1836) gibt an, eine große Glocke von St. Marien von 1445 befinde ſich im Dome zu Berlin . Heffter(Geſch. d. St. B., S. 336) berichtet ſogar, doch ohne Nachweis und Quellenangabe, daß ſie 1575 dahin überführt ſei. Doch befand ſich nach Wernicke(a. a. O.) im Jahre 1876 im damaligen Berliner Dome überhaupt keine von 1445 datierte Glocke. Über das alte Domgeläute zu Berlin Kölln und Beckmanns ausführlichen Bericht darüber ſiehe Borrmann, Die Bau⸗ und Kunſtdenkmäler von Berlin , S. 159 160. Wenn ſich nun auch keine Glocke der Marienkirche mehr in Berlin befindet, ſo bleibt es nichtsdeſtoweniger ziemlich ſicher, daß eine ſolche im Jahre 1549 dahin gelangte(ſiehe darüber Gebauer im 38. 40. Jahresbericht d. Hiſt. Ver. zu B., S. 82 83).

Auf der Höhe des Berges, an der Kirchhofsmauer, alſo jedenfalls in nächſter Nähe der Kirche, ſtand eingemauerter Predigtſtu hl, deſſen in den Verhandlungs­niederſchriften eines Rechtsſtreites vom Jahre 1545 beiläufig Erwägung geſchieht (Gebauer im 38.= 10. Jahresbericht d. Hiſt. Ver. zu B., S. 80). Es kann darunter nur eine jener öfter vorkommenden Freikanzeln verſtanden werden, welche in Fällen großen Andranges gelegentlich der Prozeſſionen benutzt wurden, wenn die Kirche ſelbſt die Menge der Gläubigen nicht zu faſſen vermochte.

Die Gebäude des 1435 vom Kurfürſt Friedrich J. auf dem Marienberge als Kolonie des Domſtiftes gegründeten Prämonſtratenſerkloſters ſind allem Anſchein nach

) Die ſchon im Jahre 1836 von v. Minutoli , Denkmäler mittelalterlicher Kunſt, S. 12, erwähnten Glaſuren befanden ſich wohl nicht, wie danach ſcheinen möchte, an der Kirche des 13. Jahrhunderts, die erhaltenen glaſierten Formſteinreſte ſprechen vielmehr für eine Herkunft von der Schwanenordenskapelle.