Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
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144 Stadt Brandenburg .

und Stadtſeite, die faſt die ganze Breite zwiſchen den flachen Eckſtrebepfeilern ein­nehmen, ſcheinen früher Blenden eingerahmt zu haben, die aber ſehr bald vermauert wurden. Die ſchlanken Blenden im Obergeſchoß ſind an der Feldſeite im Stichbogen, an der Stadtſeite im Spitzbogen geſchloſſen. Der von deutſchen Bändern begleitete Maß­werkfries des Gurtgeſimſes iſt unprofiliert und in ungewöhnlichen Formen gebildet Abb. S). Die darüber folgenden durch Geſimſe in Streifen zerlegten Stockwerke waren wohl für den Ausbau von hölzernen Galerien beſtimmt. Die hier in Reihen angebrachten wappenförmigen Blenden enthielten gemalte Wappen, die jetzt kaum noch zu erkennen ſind. Nach Bergau S. 192 waren es: 4) ein Rad, 2) die bayriſchen Wecken, 3) die ſächſiſch⸗ anhaltiſchen Balken, 4) der ſchwarze ein köpfige deutſche Reichsadler, 5) der böhmiſche Löwe, 6) der rote brandenburgiſche Adler.) Das Ornament der Rundblenden hatte nach Bergau(a. a. O.) Renaiſſancecharakter. Die beiden unteren Räume des Turmes ſind mit Kuppeln überwölbt, der Erdgeſchoß­raum reicht etwa 2 m unter den jetzigen Erdboden hinab. Im dritten Geſchoß befand ſich der Wachtraum mit Abort über dem Graben an der Oſtſeite. Der zuckerhutförmige ein Stein ſtarke Helm ruht auf Zwickelkappen und iſt von einem ſchmiedeeiſernen brandenburgiſchen Adler mit Ring im Schnabel und Kette um den Hals bekrönt.

II. Engere Befeſtigung der Neuſtadt.

Die Neuſtadt war von jeher durch einen breiten Waſſerlauf, der ſich beim Altſtädter Waſſertor aus dem Abfluß des Beetzſees und einem Arm der Havel bildete, von der Altſtadt geſchieden. Dieſer Havelarm bildete auch die Scheidung gegen die Dominſel. Auf der Oſt- und Südſeite um­ziehen die Neuſtadt zwei ſchmale Waſſerläufe, nämlich der Schleuſenkanal oder die Schiffahrt und der ſogenannte Flutgraben. Beide treten, noch vereinigt, beim Neu­ſtädter Waſſertor in breitem Bett aus der Oberhavel . Erſt vor dem St. Annentor trennen ſie ſich voneinander. Die Flutrinne oder der Jakobsgraben umzieht von hier aus weit nach Süden ausgreifend das Gebiet der Neuſtadt mit den neueren Vorſtädten. Man benutzte die Flutrinne C, locum in fossato) ſchon im Anfang des 14. Jahrh. hauptſächlich für den Schiffahrtverkehr um die Stadt. Der Schleuſen­kanal mit der Stadtſchleuſe wurde erſt i. J. 1455 ſür denſelben Zweck beſſer aus­gebaut. Beide münden getrennt unterhalb der Stadt in die Unterhavel. Außer dieſen und anderen Gräben gewährten die weiten waſſerreichen Wieſen, welche die Neuſtadt auf beiden Seiten umgeben, dieſer einen vorzüglichen Schutz in Kriegsgefahren.

Der engere Befeſtigungsring um die Neuſtadt hat im Laufe des Mittelalters nach verſchiedenen Richtungen Erweiterungen erfahren, die in dem Aufſchwung und dem ſtetigen Wachstum der Stadt ihren Hauptgrund hatten.

Eine Abbildung der Wappen gibt Eſſenwein, Norddeutſchlands Backſteinbau im Mittelalter. XXVllI, Fig. 4.