Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
Seite
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168 Stadt Brandenburg .

lich ein Reſt vom alten Bau iſt. Eine von breiten Stichbogenöffnungen durchbrochene Mittelwand teilt ihn in zwei gleich breite von Längstonnen überſpannte Schiffe. Dieſe urwüchſige Art der Deckenbildung weiſt dem Unterbau ein weit höheres Alter zu, als das jetzige Hauptgebäude beſitzt. Die Umfaſſungsmauern des Raumes waren allem Anſchein nach auch diejenigen des einſtigen Gebäudes; doch da, wo der Keller unter dem jetzigen Rathaus verſchwindet, hatte es ſein Ende noch nicht erreicht. Das zeigt ſchon der ſchmale Pfeiler, der hier von der Mittelmauer übrig blieb. Es ſtellte ſich nun bei eingehender Unterſuchung der ſüdöſtlichen Längskellermauer des jetzigen Baues heraus, daß dieſe an ihrem ſüdweſtlichen Ende mit der Innenfläche plötzlich nach außen ſpringt und oben den Anſatz einer Längstonne aufweiſt, beides in einer Länge, die der Breite jenes alten Kellers gleicht und ihm auch in der Richtung und Lage völlig entſpricht. Wenn nun auch das Alter dieſes Mauerteils nicht ſo hoch hinaufreicht, wie das des nicht überbauten Kellers, ſo erſcheint ſeine Zugehorig­keit zu dem älteren Gebäude doch unzweifelhaft. Die Kellereinteilung würde ſich danach ſo ergeben, daß die Längsmittelwand die Länge von 4 Bogenöffnungen er­hielt und dann der Quertonnenraum am Südoſtende folgte. Die fo umgrenzten Ab meſſungen würden mit rund 7218 m Lichtmaß in der Breite annähernd, in der Länge aber genau die der unteren Halle des ſog. Ordonanzhauſes erreichen(ſiehe Abb. 104). Es iſt nicht zu verwundern, daß der davon umſchloſſene Raum den Altſtädtern ſchließlich zu enge wurde.

Erſte Bauzeit. Es war wohl um die Mitte des 15. Jahrh., daß das alte Haus zu klein, vielleicht auch ſchon baufällig wurde und man einen größeren Neubau plante. Der Markt war frei und geräumig. Man war alſo nicht ſtreng an den Platz gebunden, konnte vielmehr den alten Bau vorerſt beſtehen laſſen und begann die Neuſchöpfung auf freiem Markte mit demjenigen Teile, deſſen man wohl am dringendſten bedurfte: dem Verwaltungsbau für Ratsſtube und Schreibſtuben. Man ſtellte dieſen nur kleinen Bau erſichtlich nach wohl überlegtem Plane ſo, daß man ſpäter die beabſichtigte große Kaufhalle daran anſchließen und mit ihm dann auch den Platz des alten Baus wenigſtens zum größeren Teile wieder einnehmen konnte. Es iſt der jetzt als Anbau(Abb. 9g9 oben rechts) erſcheinende Bauteil im Norden des Gebäudes. Bei dem ſtark verbauten derzeitigen Zuſtande ſeines Innern iſt immerhin noch ſoviel zu erkennen, daß er im oberen Stockwerke höchſtwahrſcheinlich einen Raum bildete, der von vier Kreuzgewölben auf einer mittleren Stütze überdeckt war. Das Erdge­ſchoß könnte wohl von Anfang an geteilt geweſen ſein. Das Außere zeigte in beiden Geſchoſſen breite Stichbogenfenſter zwiſchen flachen Strebepfeilern. Über den Fenſtern war die Wandfläche in jeder Achſe durch zwei blendenartig eingetiefte Wappenformen belebt, die wie die Fenſter ſelbſt mit abwechſelnd glaſierten Steinen eingefaßt waren. Auch im Innern waren die Kanten der breiten Wandniſchen mit ſchwarzglaſierten Profilſteinen eingefaßt. Nach einigen Spuren deckte ein Satteldach mit Giebeln im Nordoſten und Südweſten den kurzen, kleinen Bau, der etwa um 1450 errichtet ſein mag. Im Obergeſchoß enthielt er wohl die Ratsſtube, im unteren vielleicht Käm­merei, Stadtſchreiberei und bis 1540 vermutlich die mittelmärkiſche Städtekaſſe. Der