Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
Seite
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Der Schöppenſtuhl. 177

Der Schöppenſtuhl.

Das aus Fachwerk errichtete Gebäude des nicht mehr vorhandenen Schöppen­ſtuhls ſtand auf Pfählen in der Havel , der Neuſtadt etwas näher als der Altſtadt und zwar öſtlich neben der Langen Brücke, mit der es durch einen Steg ver­bunden war. Seine Lage entſprach alſo der des alten Berliner Rathauſes in der Spree .

Näheres über Anlage und Form des 1348 zuerſt genannten Schöppenhauſes (Riedel IX, 42) iſt ebenſowenig überliefert wie über die Zeit feiner Errichtung. Nach Stölzel(Der Brandenburger Schöppenſtuhl, S. 52) war das Gebäude in der Havel nicht als Schöppenſtuhl errichtet, ſondern bildete das gemeinſame Rathaus beider Städte und wurde erſt ausſchließlich für die Beratungen der vereinigten Schöffenkollegien benutzt, nachdem ſich Neuſtadt und Altſtadt je ein eigenes Rathaus erbaut hatten. Grupp(im 36. Jahresber. d. Hiſt. Ver. zu B., S. 39 und 68) nimmt nicht nur die Entſtehung der rechtlichen Einrichtung des Schöppenſtuhls, ſondern auch die Erbauung des Hauſes in der Havel zwiſchen 1343 und 1348 an. Es wurde im Jahre 1552 abgebrochen und neu erbaut(Memorial des Stadtſchreibers Simon Roter , Rathausarchiv, Cod. A. Nr. 8, fol. 29).

Seinem Zwecke nach iſt der erſte Schöppenſtuhl weder als Gerichtslaube noch als einziges gemeinſames Rathaus beider Städte anzuſehen von der Art, wie ja beide Städte ſchon um die Mitte des 14. Jahrh. je eines für ſich beſaßen, nämlich in Verbindung mit einer Kaufhalle und Wagſtube. Das ſicher nicht große, nur auf Pfählen ruhende Haus würde für beide Zwecke ungeeignet geweſen ſein; denn es konnte weder eine große Halle oder einen Saal in ſich ſchließen, wie doch für ein Rathaus im weiteren Sinne notwendig war, noch konnte es denUmſtand, d. h. die im 14. Jahrh. demDing noch zahlreich beiwohnenden Mitglieder der Gemeinde faſſen. Überdies hätte das Haus für beide Beſtimmungsarten von allen Seiten möglichſt frei zugänglich ſtehen müſſen, ſtatt gleichſam alsSeitenbeutel an der Brücke zu hängen, die nachts ſogar von beiden Seiten durch Tore ausgeſperrt war. Es konnte vielmehr wenn überhaupt anfänglich als eine Art Rathaus nur als Beratungshaus für beiden Städten gemeinſame Angelegenheiten gedient haben, dann aber den gemeinſamen Sitzungen der Schöffenkollegien von Alt⸗ und Neuſtadt Brandenburg zur Erteilung von Rechtsweistümern, d. h. zur Abgabe von Urteilen in Form von Rechtsgutachten, meiſt auf Anfragen von Seiten auswärtiger Gerichte (Stölzel, Der Brandenburger Schöppenſtuhl, S. 54.

Über den Neubau des Schöppenſtuhles von 1551 1552 finden ſich im Memoriale des Simon Roter leider nur unvollſtändige Angaben und Rechnungsnachweiſe, aus denen der Geſamtkoſtenpreis nicht feſtſtellbar iſt. Obwohl es aus Fachwerk erbaut

über die Lage des Schöppenſtuhlgebäudes ſiehe Mich. Nicolai, Descriptio urbis Brandenburgi(1650), S. 18; Gottſchlinz S. 169, Anmerk. 12; Grupp im 341. Jahresber. d. Hiſt. Ver. zu B., S. 69 f.

Kunſtdenkm. d. Prov. Bdbg. II. 3. Stadt und Dom Brandenburg . 12