Abb. 157. Prenzlau. Kämpferſchmuck am Nordportal der Marienkirche.
Fünfte ſBauzeit. Eigenartig und von allem übrigen an der Kirche abweichend iſt der Vorhallenbau an der Nordſeite(Abb. 160 u. 161), wenn man von dem Portale ſelbſt abſieht, das dem an der ſuͤdlichen Vorhalle nachgebildet iſt. Das Eigen artige liegt namentlich in dem Aufbau des Giebels(Abb. 161) und der ſtaffelartigen Anordnung feiner Teile. Seine vier Pfeiler ſind achteckig, und in Höhen von 11½ m mit Wimpergkroͤnchen umzogen. Auch die drei größeren Wimperge zwiſchen den Pfeilern tragen einen anderen Charakter als alle übrigen der Kirche. Alle dieſe Formen erinnern vielmehr an die des Meiſter Hinrich Brunsberg an der Katharinenkirche zu Brandenburg . Die unteren Mauerteile des Vorbaus ſind glatt gehalten, ſodaß die Pfeiler ohne jede Vorbereitung aus der Mauer hervorwachſen. Unſchoͤn bohrt ſich der Spitzbogen der nuͤchternen hohen Portalblende in den Fuß des Giebels. Das Schuppenmotio im Maßwerk des Oberlichtfenſters iſt in feiner nüchternen Wirkung dem der Seitenchoͤre verwandt. Die ſchraͤggeſtellten fialenartigen Eckſtrebepfeiler ſind im Grundriß quadratiſch und harmonieren daher wenig mit den polygonalen des Giebels . Was die Erbauungszeit der Vorhalle anbetrifft, fo liefert dafür das „Liber querelarum“ der Stadt Stettin aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts(Staats— archiv zu Stettin ) einen Anhalt, inſofern als darin ein Meiſter Claus Brunsberg, offen= bar ein Verwandter des genannten Erbauers der Katharinenkirche, angefuͤhrt wird. Aus der Stelle) geht hervor, daß Claus i. J. 1412 mit Hans Paſedach wegen des „Mauerwerks“ der Stadt Prenzlau einen Prozeß führte; zu dieſer Bauunternehmung der Stadt gehoͤrte, wie man nach der Verwandtſchaft der Stilformen ſchließen muß, unſere Nordvorhalle, deren Errichtung mithin um dieſe Zeit anzuſetzen iſt.
Etwa hundert Jahre ſpaͤter wurde an der Suͤdſeite der Kirche vor dem dritten Joch von Weſten die in Abb. 162 wiedergegebene Totengraͤberwohnung(„Gottes— kaſtenhaus“ mit gewoͤlbtem Erdgeſchoß aufgefuͤhrt, deren ſuͤdwaͤrts gerichteter Giebel durch gekuppelte Blenden und Pfeiler gegliedert iſt. Sie ſtuͤrzte 1845 ein und wurde darnach beſeitigt.
Sechſte Bauzeit. Die bedeutenden Verhaͤltniſſe des Kirchenneubaus, namentlich die gewaltige Höhe des Daches, welche feine Hallenkonſtruktion zur Folge hatte, erforderten eine entſprechende Steigerung der Hoͤhenverhaͤltniſſe des Weſtbaus,
)„Item Claus. Brunsberg toſprake to Hans Paſchedagk alſo van der ſtat murwerke to Prenzlaw is endet und lendet und ſeal des notlos fin.“(a. a. O. Bl. 154.)