\ | ,
EN
9
fichtigen, gewinnen wir ein einigermaßen zuverlaͤſſiges Bild der altbronzezeitlichen Beſiedlung. Immerhin deutet der Befund an Leitſtuͤcken darauf hin, daß ein großer Teil der bisherigen Bevölkerung abgewandert iſt. Er iſt in den Strom der indogermaniſchen Wanderungen hineingeriſſen worden, die damals Europa erobern und weit daruͤber hinaus ſogar den Weſten Wiens uͤberfluten. Was an Bronzefunden der älteren Abſchnitte vorliegt, beſchraͤnkt ſich zumeiſt auf Gebrauchsware und iſt wohl vielfach fertiges Ein fuhrgut geweſen: Randaͤxte in verſchiedenen Entwicklungsſtufen(Liepnitzſee, Oranienburg, Naſſenheide), ſogenannte Lappenärte (Groß Schoͤnebeck, Glienicke, Tasdorf), Knopfſicheln(Glienicke, Muͤhlenbeck, Liepnitzwerder, Freienbrink), letztere ſpaͤter auch im Lande gegoſſen, wie die wohl juͤngere Sandſteinform von Liebenwalde beweiſt. Auch die nordiſch⸗germaniſchen Griff zungenſchwerter von Oranienburg und Muͤhlenbeck ſind, wenn nicht eingeführte Fertigſtuͤcke, fo doch Erzeugniſſe beruflicher Wandergießer. Eine Kugelknopfnadel mit geſchwollenem Hals von Oranienburg ft ganz offenbar in Suͤddeutſchland heimiſch. Kuͤnſtleriſche Anſpruͤche vermag nur ein Zierhuͤtchen aus Bronze vom Liepnitzſee zu erheben, ein Guͤrtelſchmuckſtuͤck einer vornehmen Germanenfrau. Unter den Bronzehortfunden iſt vor allem der von Glienicke eindrucksvoll. Er umfaßt außer den ſchon genannten Lappenaͤrxten und der Knopfſichel drei maſſive Armreifen, von denen zwei ringförmig zuſammengeſchweißt ſind, waͤhrend der dritte offene Stempelenden aufweiſt. Gegenſtaͤndige Schraͤgſtrichgruppen zwiſchen einfaſſenden Kerbbaͤndern verleihen den Reifen ſchlichten, aber geſchmackvollen Zierſchmuck.
Klimawechſel, der zur Verengung des Nahrraums fuͤhrte, und Anwachſen der Volkszahl, wie ſie fuͤr geſunde und jugendfriſche Volker naturgemäß iſt, find offenbar die Urſachen geweſen, die die nordiſchen Siedler des Heimatgebietes in die Ferne trieben. Gleiche Urſachen ließen in der mittleren und juͤngeren Bronzezeit ein anderes Volk aus der Lauſitz, dem Sternberger Lande und Schleſien in den Barnim als einem Raum geringſten Widerſtandes hineinwachſen. Es gehört als Nordgruppe den indogermaniſchen Illyrern an, die außer den erwähnten Gebieten auch große Teile von Böhmen und Mähren innehatten. Dieſe Nordillyrer, die Träger der ſogenannten Lauſitzer Kultur, ſtießen in der mittleren Bronzezeit in den Suͤdoſtraum des Kreiſes Niederbarnim vor und ſchoben ſich langſam bis an den Suͤdrand des Blumenthalwaldes vor. Ihr Weg iſt eindeutig gekennzeichnet durch die Buckelgefaͤße, prächtige ſ chöͤn gegliederte braune Kruͤge und Töpfe, gewöhnlich mit hohem Standfuß und breitem Bandhenkel, geſchmuͤckt mit Buckeln, die von innen herausgedruͤckt ſind und durch leiſtenfoͤrmige Kreishöfe eingerahmt werden. Funde dieſer Kultur liegen aus Woltersdorf, Seebad Rüdersdorf, Hennickendorf und Fangſchleuſe vor. Juͤngere illyriſche Nachſchuͤbe beſiedeln den ganzen Suͤdoſten des Kreiſes bis zum Panketal, das nun fuͤr Jahrhunderte zur Voͤlkerſcheide wird. Kennzeichnend für die illyriſche Bauernkultur, die das Gebiet außerordentlich dicht uͤberzieht, iſt die Keramik, die uns beſonders aus den ſpaͤteren Graͤberfeldern in erſtaunlicher Fülle vorliegt(Hennickendorf, Woltersdorf, Wandlitz, Muͤhlenbeck, Muͤnchehofe u. a.). Zeigt der Formenbeſtand der Metallgeraͤte der Illyrer weder voͤlkiſche Eigenpraͤgung noch ſchoöͤpferiſche Formkraft, ſo erfüllt ſich die Kunſtfertigkeit des Volkes in der vielgeſtaltigen und geſchmackvollen Gefaͤßausſtattung feiner Gräber, Neben ſtreng gegliederten doppelkoniſchen Urnen finden wir ſchöͤn profilierte Terrinen, neben ſchlichten Toͤpfen und Wannen vornehme Kruͤge, Taſſen und Pokale, neben einfachen Naͤpfen und Henkelſchalen die oft wundervollen großen Deckelſchalen, die auch der heutigen Kunſttoͤpferei noch zur Ehre gereichen würden. Weiſt auch die Verzierung der Gefaͤße einen feſten Muſterbeſtand auf, fo findet doch der damalige Töpfer immer neue Wege des Gefaͤßſchmuckes. Gefaͤße von rieſigem Ausmaß wechſeln mit ſolchen ſpieleriſcher Zierlichkeit, beſonders in den Kinderbeſtattungen, denen man eine Art Puppenkeramik beigab, aber auch Klappern, die in verſchiedenſten Formen auftreten. Die Geſchmackswandlungen ſcheiden deutlich die einzelnen Zeitſtufen der Entwicklung, die ſich von der klaren 3Zweckſchoͤnheit zur uͤberfeinerung einer bereits abſinkenden Geſchmacksſſicherheit ſteigert und dann in Verrohung, aber auch in Spielerei abfällt, Die Gefaͤßkultur der Illyrer hat auf die angrenzenden Germanengebiete weitreichend und ſtark eingewirkt, ſo daß ſich im Zeugnis der Gefaͤßfunde ſchließlich Volkstums⸗ und Kulturgrenze nicht mehr decken. Nur an den Metallfunden, an denen das illyriſche Gebiet, von einigen beachtlichen Hortfunden und Kleinſchmuck als Grabbeigaben abgeſehen, auffallend arm iſt, erkennen wir eindeutig die germaniſche Kulturwelt. Erſchoͤpft ſich die illyriſche Begabung in der Gefaͤßbildnerei, deren handwerklichen Betrieb wir an den Funden einer Großtoͤpferei von Altbuchhorſt erkennen koͤnnen, wo acht Brennoͤfenfundamente und vier Gruben mit
©