Teil eines Werkes 
Bd. 3, Teil 4 (1939) Die Kunstdenkmäler des Kreises Niederbarnim / bearb. von Heinrich Jerchel ...
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der chriſtlichen Zeitrechnung find bei der Anlage des Stolper Waſſerwerks im Moor gemacht worden, größere Reſte jener prächtigen ſchwarzen Keramik, die uns erkennen laͤßt, daß die Weſtgermanen nach Überwindung der techniſchen Schwierigkeiten der Eiſenbehandlung nun wieder einen eigenen Stil gefunden haben, der durch edle Formgebung und ſchlicht⸗ vornehme Verzierung noch heute als vorbildlich gelten darf. Was aus dem Kreiſe vorliegt, ſind allerdings nur Truͤmmer: eine napfartige, weit ausladende Schale mit waagerechten Bändern und ſpitzgiebligen Muſtern in Raͤdchentechnik, einſt vielleicht weiß inkruſtriert, ſo daß ſich die Zeich­nung ſcharf von dem graphitierten Grunde des Gefaͤßkoͤrpers abhob; aͤhnliche Reſte weiterer Gefaͤße, ein ſchwarzgrauer Topf mit Bandhenkel, dazu Eiſenteile. Auch eine durchbohrte runde Sandſteinſcheibe von Sachſenhauſen⸗Friedenthal mit ſeitlicher Rille und beidſeitiger koniſcher Durchbohrung und Randſpeichen­ornament gehört wohl dieſer Zeit an. Dem dritten Jahrhundert entſtammen der Buͤgel einer Bronzegewand­hafte und ein Beſchlagteil aus Wandlitz, dem vierten ein knoͤcherner Dreilagenkamm mit Bronzenieten vom gleichen Ort. Eine Roͤmermuͤnze von Schoͤnerlinde mit dem Bildnis der Aquilia Severa(um 220 n. d. Zw.) laͤßt uns die Handels beziehungen zum Römerreich erkennen und iſt für die Zeitbeſtimmung beſonders wertvoll. Der Suͤdoſtteil blieb von Weſtgermanen frei. In ihn ſtoßen etwa zu Anfang des 3. Jahrhunderts oſtgerma­niſche Burgunden vor, die die eigenartige Sitte der Brandgrubenbeſtattung mitbringen. Teils durch Graͤber dieſer Art, teils durch Einzelfunde können wir fie bei Wilhelmsau, Neubuchhorſt und Woltersdorf feſtſtellen. Sie find alſo vom Lande Lebus längs des Spreetals eingedrungen und gehören zu der Gruppe, die wir im Gegenſatz zu der uckermaͤrkiſchen und der lauſitziſchen als Spreegruppe bezeichnen können. Da die reichen Bei­gaben ihrer Graͤber den Scheiterhaufenbrand durchgemacht haben, ſind die Gefaͤße durchweg verzogen, zer­borſten und verſchlackt, die Eiſengeraͤte zergluͤht, die Stuͤcke aus Bronze und Silber vielfach ſogar geſchmolzen, ſo daß dieſe Hinterlaſſenſchaft ihren küͤnſtleriſchen Wert nicht auf den erſten Blick erkennen läßt. Dazu kommt, daß die Gräber an ſich den Eindruck der Unſorgfaͤltigkeit erwecken. Denn im Gegenſatz zu den früheren Brand­graͤbern, bei denen die menſchlichen Knochenreſte ſorgfaͤltig aus dem Scheiterhaufenruͤckſtand ausgeleſen und zerkleinert in die Une getan wurden, der man dann die Beigefaͤße zuſetzte, wurde hier der geſamte Ruͤckſtand des Verbrennungsprozeſſes, Gebeine, Beigabenreſte, Holzkohle und Aſche in einem vergaͤnglichen Behaͤlter in die Erde geſenkt. Was hier die Forſchung aufdeckt, iſt ſchon in dem Augenblick zerſtoͤrt geweſen, als man es in die neſtartige Grube tat. Torſo iſt alſo alles, was der Glut zu widerſtehen vermochte oder aus irgend­einem Grunde der vernichtenden Lohe entging. Endlich darf nicht verkannt werden, daß die Bewegtheit der Zeit einer vollen Entfaltung des Schoͤnheitsſinnes widerſtrebte. Was der Befund in den Burgundengraͤbern vor allem zeigt, find nuͤchterne Zweckmaͤßigkeit und klare Beſtimmtheit, vor allem aber voͤlkiſ⸗ ch⸗kulturelle Eigen­art. Typiſch find etwa die Taſſen mit weitabſtehendem geknicktem Henkel und die Warzenbecher, in den Frauen­graͤbern die Schloß⸗ und Beſchlagteile und die zugehörigen Schluͤſſel von hölzernen, alſo reſtlos vergangenen Schmuckkaͤſtchen, die Eimerbuͤgel von Holzeimern, unter den Kleinſchmuckgeraͤten vor allem die ſogenannten Eimerberlocks und die Muſchelbirne, eine Kaurimuſchel, die an einem umgreifenden Metallband getragen wurde. Die zahlreichen Waffen zeugen von der Kampffreudigkeit, aber auch wohl von der Notwendigkeit der Kampfbereitſchaft des Volkes. Auch dieſe Waffen, Lanzen⸗ und Speerſpitzen, Schildbuckel, Beile, Meſſer, Schildfeſſeln, ein Schwert, Dolche, Sporen, find auf reine Zweckmaͤßigkeit abgeſtellt. Selten nur weiſen ſie beſcheidenen Schmuck auf, fo eine Lanzenſpitze oder einige Dolchmeſſer. Schlicht find auch die Häufig aufs tretenden Gewandhaften in Armbruſtform mit wechſelnd geſtaltetem Fuß und verſchiedenartigem Bügel. Zwei vom Feuer ſtark mitgenommene ſilberne Zweirollenfibeln verraten ihre einftige Schönheit kaum noch. Daß der Sinn dafuͤr jedoch keineswegs etwa erſtorben war, beweiſt z. B. ein praͤchtiger Tonpokal mit hohem Fuß und weitausladendem, ſchlicht verziertem Kelch. Auch die Barnimburgunden ſtanden bereits mit dem provinzialröͤmiſchen Weſten in Verbindung. Vermutlich von Rheinzabern ſtammt eine in Bruchſtuͤcken er­haltene Terraſigillataſchale mit Hochbildfries exotiſcher Tiere und Palmen, Symbol der germaniſchen Sehn­ſucht nach den lockenden Sonnenlaͤndern, die den Germanen fo verhaͤngnisvoll werden ſollten. Den gleichen Weg mögen die roͤmiſchen Münzen gegangen fein, von denen eine das Bild des Kaiſers Septimius Severus (1902- 21) trägt,

Die Zahl der Wilhelmsauer Graͤber geht in die Hunderte und ſpricht für eine längere Beſiedlung der Gegend

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