handschrift schrieb. ,Ich könne damit machen, was ich wolle - ich hätte es zur freien Verfügung.“ (Sie ist eine Cousine des Hauses.) Ich bin aber doch kluger Feldherr gewesen, was ihr nachträglich sehr lieb zu sein scheint, und habe die Geschichte nach Schleswig-Holstein und Kopenhagen hin transponiert, so daß sie jetzt zu kleinerem Teil auf einem Schloß in der Nähe von Glücksburg, zu größrem in Kopenhagen und auf der Insel Seeland spielt. Solche Transponierung ist nicht leicht. Ich ging sämtliche deutsche Höfe durch, nichts paßte mir, als ich aber Nordschleswig und Kopenhagen gefunden hatte, ,war ich raus“. Nur Strelitz selbst wäre vielleicht doch noch besser gewesen und hätte meiner Geschichte den Ton des politisch Satirischen gegeben; nun klingt nordisch Romantisches mit durch. Geschrieben habe ich die Geschichte jetzt vorm Jahr, in den Wochen und Monaten, die dem Tode meines Sohnes folgten. Ich habe mich unter der Arbeit bei Trost und Frische gehalten. Natürlich ist nichts fertig, aber die Geschichte ist doch da, und was fehlt, ist nur Korrektur. Freilich immer das Mühsamste und Zeitraubendste. »
Der erwähnte Brief der Frau Brunnemann ist offensichtlich nicht erhalten. Aus Fontanes Tagebuch für das Jahr 1885 läßt sich jedoch das Datum ermitteln; es heißt dort: «Am 6. Februar interessanter Brief (Novellenstoff) von Frau Geh. Rätin Brunnemann aus Meran.» Angesichts der Tatsache, daß zwischen der ersten Anregung und der Mitteilung des Stoffes an Rodenberg fast vier Jahre liegen, in denen Fontane den Entwurf bereits ausgearbeitet hat, ist es sehr wahrscheinlich, daß der erste Teil der oben zitierten Mitteilung nicht bloß den Stoff rekapituliert, sondern schon die künstlerische Umformung wenigstens zum Teil mit enthält. Diese Vermutung wird bestätigt durch die Untersuchungen Hans-Friedrich Rosenfelds, der in seiner Schrift «Zur Entstehung Fontanescher Romane» (Groningen, Den Haag, 1926, S. 25 ff.) die «historische Grundlage» festzustellen versucht hat. Obgleich Rosenfeld der Brief Fontanes an Rodenberg nur in der verstümmelt gedruckten Fassung Vorgelegen zu haben scheint (in der vor allem die Namen nur durch ihre Anfangsbuchstaben wiedergegeben sind), hat er die richtige Spur aufgenommen. «Das Studium des Mecklenburger Adels ergab », so schreibt er, « daß mit dem Grafen P. auf J. nur Graf Plessen auf Ivenack gemeint sein könne, wenn auch Ivenack zu Schwerin, nicht zu Strelitz gehört. Die Nachforschung in den Kirchenbüchern führte jedoch für alle Grafen Plessen zu einem durchaus negativen Resultat, wie auch nie ein Graf Plessen als Strelitzer Kammerherr fungiert hatte. Die Grafen Plessen aber gehören zu der großen Familie von Maltzahn. So richtete sich denn im Hinblick auf die Bezeichnung der Frau B. als geb. v. M., ,eine Cousine des Hauses“, meine Aufmerksamkeit auf die Maltzahn, und durch die Kombination genealogischer Anhaltspunkte mit Angaben des Strelitzer Staatskalenders ergab sich schließlich, daß sich ein ähnlicher Vorgang im Leben des Freiherrn Friedrich von Maltzahn abgespielt haben müsse, ohne daß dieser
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