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Band 1 Heft 1
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G. MAUERSBERGER: Ungenutzte Quellen zur Geschichte der märkischen Avifauna 57

Immerhin hielt er des Festhaltens für wert, wenn er"mitten in steriler Kiefernheide, fen von jeder Wohnung" Mauersegler antraf(so am 7. VI. 1874 in der Dubrow und am 12. VII. 1874 im Biesenthal ), auf welchen Bäumen und in welcher Verteilung die Horste der Reiherkolonie in der Dubrow stehen. Anders zu betrachten ist, was er am 21. Juni 1874 im Berliner Schloßgarten sah:"Lanius rufus, in ungeheurer Menge, wie ich sie noch nie zu beobachten Gelegenheit hatte. Sie gingen aus den Bäumen auf, flogen in die Kartoffelfelder, rüttelten eine Zeit lang und fielen dann ein." Diese Art, den Rotkopfwürger nämlich, nennt er auch aus der Schönholzer Heide und zwischen Reinickendorf und Heinersdorf . Im"Journal für Ornithologie" für 1876 faßt SCHALOW das(p. 131) so zusammen:"Am häufigsten tritt dieser Würger nach unseren Beobachtungen in der Mittelmark auf(Umgegend von Berlin , Freienwalde , Potsdam , Straussberg usw.)". Daß man solche Notizen dennoch nicht sogleich für bare Münze nehmen sollte, zeigt sich am Text von 1919; da sind SCHALOW wohl Zweifel am eigenen Kenntnisstand von damals gekommen, denn er geht nun gar nicht auf die eigenen Daten ein und verlagert die Unsicherheit auf andere:"Entweder ist die Verbreitung der Art jetzt eine ganz andere geworden... oder die SCHULZ-V ANGEROW'schen Mitteilungen beruhen auf einem Irrtum, was indessen bei einem so auffallend gefärbten Vogel als ausgeschlossen erscheinen muß."

Am 5. August 1874 notiert er, vom Schwarzstirnwürger"beobachtete ich auf einem kleinen Rubus-Strauch bei Reinickendorf , nachdem bereits einzelne abgeflogen waren, ca. 12 Stück zusammen sitzend. Bei Franz. Buchholz und in der Umgegend sehr häufig." Auch hier läßt er im Buch die eigenen Tagebuchangaben unerwähnt; so bleibt offen, ob er auf"zu viele" Einzelheiten oder auf unsichere Daten verzichtet hat. Heute kennen wir den Rotkopfwürger"nur noch in wenigen Streuobstgebieten Süddeutschlands ", während der Schwarzstirnwürger in Deutschland fast ausgestorben ist(KOWALSKI 1991).

Eine"Avifauna berolinensis" kann, wie sich daran zeigt, auf diese Zeugnisse nicht gut verzichten, sofern sie eben kritisch bewertet werden. Dabei wären auch handschriftliche Er­gänzungen zu berücksichtigen, die SCHALOW in Sonderdrucke eigener Arbeiten eingefügt hat.

Ein Zeugnis ganz anderer Art, das uns Schalow ohne Absicht vorlegt, kann ich mir hier zu erwähnen nicht versagen. Es betrifft den Fortschritt in der Technologie der Nachrichten ­übermittlung auf dem Landwege. Am Montag, den 15. September 1873 hat unser Ge­währsmann"Am Abend[ich bitte, die Tageszeit zu vermerken!]... an HANSMANN nach Stettin geschrieben mit der Bitte, mir sein Exemplar der Fauna marchica von SCHULTZ zu leihen". Der Eintrag"Nach Hause kommend fand ich heute mit einem höchst liebenswür ­digen Brief die Fauna marchica von HANSMANN vor" steht unter Freitag, dem 19. Septem­ber- die Post hat also volle drei Tage benötigt, Anfrage und Antwort zwischen Berlin und Stettin zu befördern. Nur 106 Jahre später brauchte ein(die JOHANN FRIEDRICH NAUMANN zeigende Briefmarke betreffendes) Schreiben aus dem einstigen Ministerium für Post- und Fernmeldewesen der DDR in der Leipziger Straße zu mir in die Invalidenstraße(Fußweg eine gute halbe Stunde) 11 Tage, und 1991 erhielt ich einen Brief aus dem Stuttgarter Mu­

seum bereits nach 47 Tagen.

F: Andere Aufzeichnungen

Eine Biographie HERMAN SCHALOWS unter den Aspekten märkischer Vogelkunde steht üb­rigens ebenso aus wie die Analyse seiner handschriftlichen Daten. Allerdings trifft dies auch auf weit jüngere"Datenbanken" zu, die nach verschiedenen Gesichtspunkten auszu­werten sich lohnen sollte. Ich denke hierbei etwa an das quantitative Material, das die sehr umfangreichen Exkursionsprotokolle aus der Beeskower Gegend von Forstmeister HEINRICH BIER(ehedem Sauen) bergen, vor allem was Anzahlen, Bewegungen und Ta­gesrhythmen überwinternder Gänse angeht.