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Band 2 Heft 1
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58 E. RUTSCHKE: Ornithologie im Berlin der 20er Jahre

den Vögeln Afrikas verhaftet(sein Lebenswerk ist die Herausgabe des 3-bändigen Werkes"Die Vögel Afrikas"), hatte mit einer neuen Auflage der"Kennzeichen der Vögel Deutschlands " indirekt einen Impuls in die von SCHALOW geebnete Richtung gegeben.

Während des Krieges waren die Ornithologen in Deutschland keineswegs untätig geblieben. Zu den Gilanzlichtern gehört die Bearbeitung der macedonischen Fauna durch ERWIN STRESEMANN , der den Ornithologen bereits durch den Bericht über seine Molukkenreise 1910 ­1912 bekannt geworden war. Trotzdem erkannten noch nicht alle Älteren, daß mit Stresemann ein Stern am Ornithologenhimmel aufgegangen war. Deshalb gab es Widerstand, als er in die ornithologische Abteilung des Berliner Museums einziehen sollte. Er setzte sich jedoch durch und schon zwei Jahre später lag die Leitung der ornithologischen Abteilung des Berliner Museums in seinen Händen. Im gleichen Jahr(1922) wurde er Generalsekretär der DOG. REICHENOW

war am 01.04. 1921, also nur wenige Monate nach der ersten Nachkriegsver­sammlung der deutschen Ornithologen, aus dem Amt geschieden. Er hatte in den 33 Jahren, in denen die Leitung der Abteilung in seinen Händen lag, fast 1.000 neue Vogelarten beschrieben. Die Sammlung war von 27.000 Bälgen auf fast 100.000 gewachsen. Reichenow favorisierte ERICH HEsSE als Nachfolger. Dieser war, obwohl aus Sachsen stammend, wie kaum ein anderer in der Kenntnis der Vogelwelt der Mark Brandenburg bewandert. ‚Er zog den Kürzeren. Tief ent­täuscht verließ er schon bald darauf Berlin .

Im Zentrum der Ornithologie, wie sie von der N ET lociechen Abteilung des Berliner Muse­ums vertreten wurde, standen zu Beginn der 20er Jahre Systematik, Zoogeographie und Fau­nistik, In Berlin gab es jedoch Institutionen, in denen auch andere Richtungen blühten bzw. neue Sprosse trieben. Das galt besonders für den Zoologischen Garten . Er hatte unter der Leitung von LUDWIG HEcK Weltgeltung erlangt. Die Ornithologie profitierte vor allem von OSKAR HEINROTH , der das Aquarium leitete. HEINROTH gehörte durch seine 1910 erschienene Arbeit "Beiträge zur Biologie, insbesondere Psychologie und Ethologie der Anatiden" und weitere Ver­öffentlichungen bereits zu den weithin bekannten Ornithologen. Seine Interessen waren weit gefächert. Mit seiner Frau Magdalena begann er zu Beginn der 20er Jahre mitteleuropäische Vögel aufzuziehen und deren körperliche und Verhaltensentwicklung zu studieren(HEINROTH , O.& M. 1924-1931).

An der Berliner Universität spielten die Vögel kaum eine Rolle, im Unterschied zur Landwirtschaftlichen Hochschule, wo Prof. MANGOLD ernährungsphysiologische Probleme an Hausgeflügelarten untersuchte. 1930 berichtete er über die Verdauungsorgane der Taube und der Ente, insonderheit auch über die Zelluloseverdauung im Blinddarm. An der Tierärztllichen Hochschule lehrte Prof. NÖLLER, ebenfalls ein mit der Ornithologie verbundener Wissenschaftler. An der Landesanstalt für Wasserhygiene war FRITZ PEUS tätig, der später zu den führenden deutschen Zoologen gehörte und auch der Ornithologie wichtige Impulse gab. Zu nennen sind ferner das Institut für Völkerkunde mit EMIL HEINRICH SNETHLAGE, der bei seinen Reisen in glücklicher Weise Ornithologie und Völkerkunde verband. Das gilt besonders für seine Reise durch Nordostbrasilien über deren Ergebnisse er ausführlich berichtete(1927/28). Zu nennen ist ferner die Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege, deren Mitarbeiter H. HELFER seiner Zeit vorauseilend Vogelschutz als Teil des allgemeinen Naturschutzes vorantrieb.

Den äußeren Rahmen für Gedankenaustausch und Zusammenwirken in diesem heterogenen Kreis lieferten die Berliner Sitzungen der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft . Sie fanden regelmäßig 2 mal monatlich statt, in der Regel im Aquarium des Zoologischen Gartens . Es wechselten jeweils eine allgemeine Sitzung mit einer Fachsitzung ab. Erstere war auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Im Vordergrund standen Reiseberichte oder Vorträge zu allgemein interessierenden Fragen der Ornithologie. Letztere dienten der Diskussion spezieller Themen