LIESELOTTE KUNERT(26. Juli 1914- 07. April 1993)
Im Jahre 1970 entdeckte ich während eines Urlaubs im Zechengrund am Fichtelberg eine ältere Frau beim Vogelbeobachten. Frauen sind auch heute noch(ich schreibe diese Zeilen unmittelbar nach der Novembertagung 1995der ABBO) unter Avifaunisten unterrepräsentiert. Ich war damals gleichfalls mit dem Fernglas auf Vogelpirsch, meine Frau und meine beiden Kinder begleiteten mich. Aus dieser ersten Begegnung mit Lieselotte Kunert entwickelte sich eine langjährige Freundschaft. Lieselotte Kunert lernten wir kennen und schätzen als eine überzeugte evangelische Christin, die ihr ganzes Leben in den Dienst der Kirche gestellt hatte. Vor allem als Organistin, Chorleiterin und Katechetin wirkte sie in Schulzendorf bei Eichwalde und in Rathenow . Sie kannte keine Berührungsängste mit Andersdenkenden, wenn es dem Naturschutz förderlich war. Ihr besonderes Interesse galt dem Unterricht mit Kindern, bei dem sie es hervorragend verstand, eine Verbindung von Lernen und Spielen herzustellen. Ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl bewirkte, daß sie erkannte Unregelmäßigkeiten im kirchlichen Dienst konsequent aufklärte, was auch höhere Kirchendiener zu spüren bekamen. Artikel über die Vogelwelt in Kirchenzeitungen stammen aus ihrer Feder.
Mit solchen Eigenschaften wie Beharrlichkeit, Ehrlichkeit und Genügsamkeit hatte sie gute Voraussetzungen für einen Naturbeobachter. Sie war sehr gewissenhaft beim Aufzeichnen von Vogelbeobachtungen und dabei auch sehr kritisch. Außerhalb von Brandenburg beobachtete sie besonders gern auf Amrum und Hiddensee . Und wenn sie uns in Strausberg öfter besuchte, sprang sie noch im hohen Alter mit mir über die Gräben in den Langen Dammwiesen. Ungeschminkt machte sie mir klar, daß mein Garten ökologisch noch verbesserungsfähig Sei. Die Limikolenfreunde werden sich daran erinnern, daß die BeringungsHelferin Lieselotte Kunert im Interesse des Vogelschutzes sehr für die Verhinderung von Verletzungen beim Reusenfang gekämpft hat.
Aber sie war auch ein Mensch, der stundenlang am Dornbusch auf Hiddensee sitzen konnte und seine Gedanken zu Papier brachte. Mit Menschen wie Lieselotte Kunert einer war, die nicht zu den berühmt gewordenen Ornithologen zählt, so glaube ich, kann man eine bessere Gesellschaft aufbauen. Die Faszination Vogelwelt begleitete ihr ganzes Leben.