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Band 4 Heft 1/2
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84 LANGGEMACH, T.& P. SÖMMER: Situation und Schutz der Adlerarten

MANOWSKY 1991). In der ersten Hälfte der fünfziger Jahre wurden bei 16 erfaßten Bruten trotz einer Reihe schwerer forstlicher Störungen noch 0,94 juv. je anwesendes Paar' und 1,36 Junge je erfolgreiches Brutpaar* flügge. Ab 1956 nahm die Zahl der Brutausfälle(erfolglose Paare im weitesten Sinne) stark zu. In den sechziger und siebziger Jahren war die Reproduktion vor allem aufgrund des Einsatzes schwer abbaubarer Pestizide katastrophal. Der Zusammenhang zwischen dem Einsatz von DDT und der Dünnschaligkeit und Zerbrechlichkeit der Eischalen wurde durch OEHME(1987a) eindeutig belegt. Im genannten Untersuchungsgebiet ist zwischen 1966 und 1980 ein einziger Jungadler bei jährlich 4-9 erfaßten und kontrollierten Brutpaaren flügge geworden. Die Fortpflanzungsrate* betrug zwischen 1964 und 1980 nur 0,04 juv./BP! Im gesamten Bezirk Frankfurt(Oder) wurden in dieser Zeit 18-19 Jungadler flügge. Dies entspricht einer Fortpflanzungsrate von 0,20-0,21. Die Tatsache, daß der Seeadlerbestand trotz fast vollständig erloschener Reproduktion in der Schorfheide allmählich zugenommen hat, wird auf Zuwanderung von Tieren aus Polen zurückgeführt, wo die Bestände bei guter Reproduktion schon damals ansteigend waren(OEHME& MANOWSKY 1991, MIZERA& SZYMKIEWICZ 1991).

Ab 1980 zeichnete sich im gesamten Bezirk Frankfurt(Oder) eine signifikante Erhöhung des Bruterfolges ab. Einen nochmaligen Rückschlag gab es zwischen 1985 und 1987. Der Zusammenhang mit erneutem DDT -Einsatz in der Forstwirtschaft zur Bekämpfung einer Nonnenkalamität gilt als erwiesen. Ab 1988 folgte wieder ein Anstieg der Reproduktionsergebnisse. Zwischen 1988 und 1990 lag die Fortpflanzungsziffer in der Schorfheide und angrenzenden Gebieten bei 0,50(übriger Bezirk Frankfurt 0,82-0,88) und die Brutgröße bei 1,71(übriger Bezirk 1,4-1,5)(OEHME& MANOWSKY 1991). Die Tendenz im Ostteil Brandenburgs widerspiegelt ungefähr der Situation im ganzen Land. In Mecklenburg­Vorpommern verlief die Entwicklung nahezu genauso(OEHME 1987b).

Die von OEHME& MANOWSKY(1991) genannten Zahlen entsprechen etwa den gegenwärtigen Brutergebnissen. Aus den im Landesumweltamt vorliegenden Angaben (RYSLAVY 1993/94/95/97) errechnet sich für den Zeitraum 1992-1996 bei 308 näher kontrollierten Bruten eine durchschnittliche Fortpflanzungsziffer von 0,90 und eine durchschnittliche Brutgröße von 1,45 bei einem Anteil erfolgreicher Paare von 60,1%. Die aktuellen jährlichen Angaben differieren für die Fortpflanzungsziffer zwischen 0,75 und 1,00 sowie für die Brutgröße zwischen 1,34 und 1,58, wobei Angaben zum Trend nach vier Jahren noch nicht zulässig erscheinen. Ein Widerspruch besteht darin, daß verglichen mit OEHME& MANOWSKY(1991) die Fortpflanzungsziffer höher liegt, die Brutgröße hingegen niedriger. Danach hätte in der Schorfheide -Region ein kleinerer Teil der anwesenden Paare reproduziert, diese jedoch mit größerem Bruterfolg, verglichen mit den gegenwärtigen Daten für ganz Brandenburg . Es ist aber nicht auszuschließen, daß methodische Differenzen eine Rolle spielen. In einem gut untersuchten Gebiet wie der Schorfheide werden auch die nicht reproduzierenden Paare zu einem höheren Prozentsatz erfaßt als bei weniger intensiver Beobachtung. Dies bestätigt den Verdacht, daß landesweit die nicht reproduzierenden Paare etwas unterrepräsentiert sind, die aktuellen Zahlen für die Fortpflanzungsziffer somit zu optimistisch sind.

Da die Ermittlung des Bruterfolges fast ausschließlich vom Boden aus erfolgt, ist für die Brutgröße ein gewisser(konstanter) Fehler anzunehmen, der jedoch gering sein dürfte. Hingegen ist bei der Fortpflanzungsziffer zusätzlich mit weiteren Unsicherheiten zu rechnen. Dazu zählt,

!) nach dem Versuch einheitlicher Definitionen durch GEDEON(1994) im gegenwärtigen Sprachgebrauch "Fortpflanzungsziffer"=Anzahl ausgeflogener Jungvögel je näher kontrolliertes Brutpaar

2)"Brutgröße"=Anzahl ausgeflogener Jungvögel je erfolgreiches Brutpaar

3) der von OEHME& MANOWSKY verwandte(heute nicht mehr übliche) Begriff bezieht sich auf anwesende Paare