Heft 
Band 4 Heft 1/2
Seite
103
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OTIS 4(1996) 1/2: 78-143

4.2. Lebensraumansprüche

Die Darstellung der Habitatansprüche des Schreiadlers in Brandenburg : erfolgt in dem Bewußtsein, daß sie die Situation am Rande der Verbreitung charakterisiert und nicht repräsentativ für das gesamte Verbreitungsgebiet ist.

Charakteristisch für Schreiadlerreviere ist, daß sie sich in Gebieten mit sehr geringer Bevölkerungsdichte befinden. In brandenburgischen Amtsbereichen mit Schreiadlervorkommen liegt diese zwischen 14 und 35, ausnahmsweise bis 75 Einwohner/km*(zum Vergleich Bundesrepublik 228 und Brandenburg 86 E./km?). Ebenso typisch ist die Bevorzugung von Lebensräumen, die nicht durch Straßen, Autobahnen oder große Freileitungen zerschnitten sind. Aufgrund dieser Grundansprüche an sein Habitat gilt der Schreiadler als Repräsentant großer unzerschnittener Lebensräume(SCHELLER& BERGMANIS 1996). Innerhalb dieser dünn besiedelten und wenig zerschnittenen Regionen besiedelt der Schreiadler abgelegene Waldungen mit angrenzendem Offenland. Lange, reich strukturierte Grenzlinien zwischen Wald und benachbarten Freiflächen sind eine der wichtigsten Habitateigenschaften und Voraussetzung für Brut und Nahrungserwerb.

Den in Mecklenburg- Vorpommern ermittelten drei Lebensraumtypen(SCHELLER, mdl.) lassen sich auch die brandenburgischen Schreiadlerbrutpaare zuordnen:

z Flußtäler mit dominierender Grünlandwirtschaft,

% strukturreiches Offenland mit Wechsel von Äckern und Wiesen,

® reine Ackerlandschaften mit großer innerer Struktur.

Als Brutwaldbestand werden grundwassernahe und forstlich eher"vernachlässigte" Wälder mit hohem Laubholzanteil durch den Schreiadler bevorzugt. Im allgemeinen sind es reichhaltige Bestände mit hoher Vielfalt an Arten und Altersstufen. Im 100-m-Radius um den Horst gibt es häufig sechs oder mehr Baumarten, darunter auch seltenere Arten, wie Hasel und Linde, mit großer Regelmäßigkeit. Die in zurückliegenden Untersuchungen(WENDLAND 1959, GENTZ 1975, FISCHER 1983) für Brandenburg festgestellte Präferenz für feuchte Buchenwälder stellt sich heute nicht mehr so dar, wobei offen bleiben muß, ob dies auf Strukturveränderungen infolge intensiverer Bewirtschaftung der Buchenbestände zurückzuführen ist. Eher ist heute das Spektrum der_Brutwälder von dauernassen KErlenbruchwäldern über feuchte Buchenmischbestände bis hin zu relativ trockenen Eichenmischwäldern recht breit. Zumeist gibt es allerdings in Horstnähe feuchte Senken, Waldmoore, Wald- oder Feldsölle oder überstaute Flächen. Aufgrund der großen Brutplatztreue halten die Adler jedoch auch bei zunehmender Trockenlegung und Entwertung der Landschaft lange die Reviere. So gibt es in Brandenburg Brutpaare in vollständig trockenen Wäldern, deren Nahrungsflächen auf devastierten Niedermoorböden heute eher steppenähnlich wirken. Untersuchungen in Mecklenburg­Vorpommern zeigen allerdings, daß solcherart entwertete Brutplätze zumeist über kurz oder lang aufgegeben werden(MATTHES& NEUBAUER 1989). Andererseits sind einstige Brutgebiete, die unverändert und immer noch optimal erscheinen, in denen sich der Kranichbestand z. B. inzwischen verdoppelt hat, heute verwaist(FREYMANN, mdl.).

Bevorzugt bei der Wahl des Brutplatzes wird die Nähe von Waldrändern mit Übergang zu Wiesen, Brüchen oder Mooren. Dies können sowohl innere als auch äußere Bestandsgrenzen sein und der Abstand kann zwischen direkter Randlage und einigen hundert Metern variieren. ‚Das Brüten in Feldgehölzen kommt ausnahmsweise vor, in Brandenburg wurde es im Kreis Oberhavel in einem Fall festgestellt(SÖMMER). Auch für Mecklenburg- Vorpommern ist nur ein Fall beschrieben(NEUBAUER 1987).