128 LANGGEMACKH, T.& P. SÖMMER: Situation und Schutz der Adlerarten
unter Umständen auch die adulten Weibchen am Horst, wie je ein Fall im Mast und im Baum belegen. Auch Seeadler können versuchen, junge Fischadler zu schlagen, doch dabei werden sie vehement von deren Eltern angegriffen(z.B. OLDORFF, mdl.). Uhus sind bei diesem Versuch eher erfolgreich; aktuelle Hinweise fehlen jedoch für Brandenburg .
Innere Erkrankungen spielen bei Fischadlern eine untergeordnete Rolle im Mortalitätsgeschehen (2 x Nierengicht, 1 x Aspergillose, 2 x unklarer Befund). Bei drei von zwanzig am Horst gefangenen Altvögeln konnte blutserologisch der Nachweis von Antikörpern gegen Newcastle Disease(Atypische Geflügelpest) erbracht werden, ohne daß die Tiere klinisch auffällig waren. Die hohe Befallsextensität ist angesichts des geringen Stichprobenumfanges statistisch nicht abzusichern.
Den großen Aderlaß erfahren unsere Fischadlerpopulationen auf dem Durchzug im Mittelmeerraum , auch wenn es nicht gelingt, dies zu quantifizieren(SAUROLA 1995). In vielen. Ländern wird fanatisch aus rein sportlichen Motiven auf alle Greifvögel geschossen. Da Fischadler einzeln, in breiter Front, über einen relativ langen Zeitraum und weitgehend unabhängig vom Wetter ziehen, sind sie zumindest nicht so stark abschußgefährdet wie viele andere Greifvögel.(
Zur Überlebensrate kann nur auf Untersuchungsgebiete außerhalb Brandenburgs Bezug genommen werden. SPITZER(1980) errechnete für stabile nordamerikanische Fischadlerpopulationen eine notwendige Überlebensrate der über zweijährigen Vögel von 85% pro Jahr. Nach den Ergebnissen von KLAFS(1991) wird auch für Mecklenburg- Vorpommern eine entsprechende Lebenserwartung der Adulten angenommen. Nach POOLE (1989) überleben 50% der Adler das erste Lebensjahr. Die mittlere Überlebensrate beträgt demnach über alle Jahrgänge etwa 60%.
5.3.4. Schadstoffe
Die weltweite Anwendung von chlorierten Kohlenwasserstoffen, vor allem von DDT , ließ in den sechziger und siebziger Jahren nicht nur die Populationen von Sperber und Wanderfalke großräumig zusammenbrechen(NEWTON 1986, RATCLIFFE 1993), sondern brachte in vielen Regionen der Erde auch den Fischadler an den Rand des Aussterbens. Der Mechanismus dabei ist derselbe und wird von POOLE (1989) für Nordamerika und Schweden beispielhaft beschrieben: die Vögel an der Spitze der Nahrungskette - in besonderem Maße Vogel- und Fischjäger- akkumulieren subletale Dosen von DDT , welches als Insektizid großflächig durch den Menschen ausgebracht wird. Mit zunehmender Belastung des Organismus sinkt die Eischalendicke. So kommt es vermehrt zu Eibruch und zum Absterben der Embryonen. Die Reproduktionsrate sinkt unter ein kritisches Niveau, was einen Bestandsrückgang zur Folge hat. Für Mitteleuropa gelingt es nicht, anhand des verfügbaren Materials diese Zusammenhänge kausal zu belegen, auch wenn der"Pestizidcrash" nicht spurlos an unseren Fischadlern vorübergezogen ist(KLAFS 1991, KÖHLER 1995). Zumindest existiert eine zeitliche Korrelation zwischen Pestizidanwendung und Bestandsentwicklung des Fischadlers, auch wenn Brandenburg nicht in dem Maße vom Bestandsrückgang der siebziger Jahre betroffen war wie küstennahe Arealteile, in denen sich Schadstofffrachten aus großen Einzugsbereichen sammeln. Auch in den Durchzugs- und Überwinterungsgebieten werden Fischadler mit Bioziden konfrontiert. Die Menge der in Gewebeproben nachzuweisenden Substanzen sagt nichts über deren geografische Herkunft aus.