134 LANGGEMACH, T.& P. SÖMMER: Situation und Schutz der Adlerarten
5.4.3. Reduktion von Verlustursachen
Todesfällen durch Verstricken in Netzen der Fischerei sollte pragmatisch begegnet werden, indem zur Abdeckung von Netzkäfigen grobfädiges und feinmaschiges Netzmaterial verwendet wird, welches straff gespannt ist. Zusätzliche Scheuchen sind sicher sinnvoll, auch zum Zwecke der Abwehr von anderen Fischkonsumenten.
Für Bindegarnstrangulation von Fischadlern im Horst trägt die Landwirtschaft die Verantwortung. Bisher ist keine abnehmende Tendenz bei der Entsorgung von Erntebindegarn in der Landschaft festzustellen. Die Entfernung solcher Materialien aus dem Gelände trägt auch zur Reduzierung von Verlusten anderer Vogelarten bei, die zum Teil wesentlich stärker betroffen sind, z.B. Baumfalke, Kolkrabe und Weißstorch(vgl. z.B. REUSSE& SCHNEIDER 1985). Der Versuch der Naturschutzstation Woblitz, 1993 gemeinsam mit dem Hersteller nach Alternativen für derartig schwer verrottbares Material zu suchen, schlug fehl. Dennoch ist dieser Ansatz langfristig der einzig erfolgversprechende. Fischadlerberinger sollten stets eine Schere mit sich führen und vorgefundene Garne aus den Horsten entfernen. Das tatsächliche Ausfliegen der Jungvögel ist von den Horstbetreuern zu überwachen und ggf. die Befreiung der Vögel zu veranlassen.
Die im Kapitel Seeadler getroffenen Aussagen zum Thema Stromschlag brauchen hier nicht wiederholt werden, haben aber ebenso Gültigkeit.
Die erhebliche Sterblichkeit paläarktischer Greifvögel unterschiedlichster Spezies in den Durchzugsgebieten durch Vogelmord kann nur durch internationale Zusammenarbeit gesenkt werden. Eine Problemlösung kann wohl nur auf der politischen Ebene herbeigeführt werden; ehrenamtliches Engagement ist aber wohl unumgänglich, um immer wieder auf das Problem aufmerksam zu machen.
5.4.4. Besondere Schutzmaßnahmen
Die effektivste und widerstandsärmste Methode, den Fischadlerbestand zu fördern, besteht im aktiven Horstplatzmanagement. Auf der Grundlage geeigneter waldbaulicher Maßnahmen(s. 5.4.1.) kann durch die manuelle Anbringung von attraktiven und langlebigen Kunsthorsten aktiv auf einen störungsarmen Brutplatz und einen absturzsicheren Horst hingewirkt werden. Beide Faktoren entscheiden in wesentlichem Maße über den Bruterfolg. So wird der Bau künstlicher Horstplattformen weltweit mit beachtlichem Erfolg praktiziert(EWINS 1994, DENNIS 1995, SAUROLA 1995).
Konstruktion und Anbringung solcher Kunsthorste werden in großer Vielfalt praktiziert, wobei drei Grundanforderungen zu erfüllen sind:
- der Horst hat nach oben völlig frei zu sein und Rundumsicht zu gewähren,
- das Nest muß stabil und mit der Unterlage fest verankert sein,
- am künftigen Brutplatz dürfen keine Störungen absehbar sein.
Sowohl für Bäume und einschaftige Holzmasten als auch für Stahlgittermasten sind an der Naturschutzstation Woblitz aufgrund jahrelanger Erfahrungen optimierte Standardmodelle entwickelt worden(Abb. 10, Abb. 11).