Heft 
Band 8
Seite
142
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Kleine Mitteilungen

Ungewöhnliche Brutkolonie der Rauchschwalbe(Hirundo rustica )

von Frank Schröder& Thomas Noah

Summary: An unusual breeding place of the Swallow. At least 44 Swallow nests were found under a motorway bridge in 2000. This breeding place is quite unu­sual. The colony is one of the largest in Brandenburg .

Als Kulturfolger ist die Rauchschwalbe in Mitteleuropa wie kaum eine andere Vogelart zur Brutzeit an den menschlichen Siedlungsraum gebunden. Ländlich geprägte Orte mit Großviehhaltungen verfügen über die höchsten Brutdichten(z. B. SUTER in GLUTZ VON BLOTZHEIM& BAUER 1985), weshalb die Rauchschwalbe als eine Leitart der Dörfer gilt(FLADE 1994).

Auch in Brandenburg konzentriert sich das Vorkommen schwerpunktmäßig auf Viehställe. Daneben wer­den sehr flexibel die unterschiedlichsten Bauwerke in Städten, Dörfern und Einzelgehöften besiedelt(z. B. MöÖNKE et al. in RUTSCHKE 1983). In geringer Zahl brüten Rauchschwalben auch außerhalb von Gebäuden (siehe Zusammenstellung bei HAUPT& MICHAELIS in ABBO 2001). Brücken und Steganlagen als Brutplätze sind seit mindestens den 1960er Jahren bekannt(z. B. SCHUMMER et al. 1971, WITT 1972) und in neuerer Zeit konnten auch kleinere Kolonien festgestellt werden(z.B. E Sieste, K. Witt in BOA 1999). Im Spreewald sind Bruten unter den zahlreichen Brücken eine gewöhnliche Erscheinung. Dort nutzen nach stichpro­benartigen Erfassungen gegenwärtig etwa 25-50 Paare diesen Nistplatz, wobei zumeist Einzelpaare und nur sehr selten zwei Nester unter einer Brücke gefunden werden(eigene Beob.). Daher war einer der Verfasser(F. S.) völlig überrascht, als er bei der zufälligen Kontrolle einer Brücke im Naturpark Dahme­Heideseen auf eine größere Rauchschwalben-Brutkolonie stieß.

Bei der Entdeckung am 2.9.1999 wurden noch in zwei Nestern nichtflügge Jungvögel registriert. Mindestens 21 weitere Nester waren aufgrund sichtbarer Kotspuren in diesem Jahr vermutlich belegt. Am 28.6.2000 konnten wir 44 besetzte Nester zählen. In 36 Nestern hielten sich Jungvögel oder brütende Altvögel auf, und in acht Fällen wurde wegen offenbar frischer Kotablagerungen an Nesträndern auf bereits ausgeflogene Junge geschlossen.

Der Brutplatz befindet sich unter der östlichen Fahrspur der Bundesautobahn 13, etwa 1 km nordwestlich der Gemeinde Groß Köris (Landkreis Dahme-Spreewald ). Die Brücke führt über den Kanalgraben, der den Zeminsee mit dem Schulzensee verbindet. Sämtliche Nester(sowie weitere Nestfragmente) waren auf Vier Stahlträgern bzw. deren Verstrebungen angelegt, die konstruktionsbedingt vielfältige Nistmöglich­keiten bieten. Bei einer Höhe von 7 m über dem Wasserspiegel nimmt die als Brutblatz nutzbare Grundfläche etwa 140 m?(20 x 7 m) ein. Infolge der verwinkelten Bauweise wird das Raumangebot ober­flächenbezogen allerdings massiv erweitert. Die Nestabstände lagen mehrfach unter 0,5 m. Mehlschwalben(Delichon urbica ) konnten übrigens nicht beobachtet werden, obgleich die westliche Fahrspur über einen betonierten Brückenkörper verfügt, der als Brutplatz geeignet wäre.

Die Umgebung des Standortes zeigt nur wenige Gemeinsamkeiten mit den für Rauchschwalbenkolonien typischen Habitatansprüchen(siehe z. B. SUTER in GLUTZ VON BLOTZHEIM& BAUER 1985, HAUPT& MICHAELIS in ABBO 2001; Abb. 1). Sie ist in erster Linie durch einen hohen Wald- und Gewässeranteil charakterisiert. Landwirtschaftliche Nutzungsformen wie Tierhaltungen und Grünlandflächen, aber auch andere Offenlandareale sind nicht in nennenswertem Umfang vorhanden.