Heft 
Band 9
Seite
90
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90 Schriftenschau

mal allerdings ist die Auswahl der aufgeführten Daten schwer nachvollziehbar. Welchen Sinn hat es bei­spielsweise, bei der Bleßralle(mit rund 30 BP regelmäßiger Brutvogel) einige wenige Beobachtungen von Familien mit Jungen anzugeben? Bei der Wachtel werden»gegenwärtig im Kreis 10-20 Rufer« angegeben. Dann werden für den Zeitraum 1983-2000 insgesamt 28 einzelne Rufer aufgelistet, also durchschnittlich nur gut 1,5 Rufer pro Jahr. Hier ist nicht verständlich, nach welchen Kriterien die aufgeführten Beobach­tungen ausgewählt wurden- wenn es sich nicht um sämtliche vorliegenden Nachweise handelt- dann aber wäre die Schätzzahl unzulässig optimistisch.

Die Bestandsschätzungen erweisen sich an mehr als einer Stelle als problematisch. Bei sehr häufigen Arten liegen sie oft erstaunlich niedrig. So liegen beispielsweise die Schätzzahlen für Ringeltaube(120­150 BP) und Haussperling(500-600 BP) viel niedriger, als man unter Zugrundelegung der Landschafts­ausstattung und durchschnittlicher brandenburgischer Siedlungsdichten erwarten sollte. Es ist vielfach kaum möglich, diese Schätzungen anhand der angegebenen Probeflächenuntersuchungen nachzuvollzie­hen. Liegen hier wirklich Revierkartierungen zugrunde?

Ein Problem besteht- wie bei allen Avifaunen- in der Beurteilung älterer Seltenheiten-Nachweise. Man wird dem Autor manches mal nicht folgen wollen, wenn er recht großzügig ältere Nachweise schwer bestimmbarer Arten gelten lässt, auch wenn unklar ist, ob überhaupt eine Dokumentation vorliegt. In die Avifauna Brandenburgs jedenfalls sind etwa Sichtbeobachtungen von Schell- und Kaiseradler und Eistau­chern, aber auch von großen Kurzschnabelgans-Trupps nicht übernommen worden. Dies betrifft aber nur wenige Arten; insgesamt gesehen schlägt das Buch bezüglich der Seltenheiten keineswegs über die Stränge.

Trotz aller dieser kritischen Anmerkungen, die sich in Einzelheiten noch fortsetzen ließen, soll ausdrück­lich betont werden: Das Buch verschafft einen hervorragenden Überblick über die Vogelwelt des Stadt­kreises Frankfurt und wird nicht nur von regionalen Ornithologen, sondern auch überregional als wesent­licher Baustein avifaunistischer Kenntnis herangezogen werden(wie dies für die Avifauna Brandenburgs bereits geschehen ist). Es wäre um unsere Kenntnis über das Vorkommen und vor allem die Entwicklung der Vogelbestände wesentlich besser bestellt, wenn sich noch mehr Fachgruppen entschließen könnten, ihre jahrzehntelangen Erfahrungen in solch konziser Form zusammenzufassen und auf diese Weise wich­tige Beobachtungsdaten vor dem Schicksal zu bewahren, in privaten Tagebüchern sanft zu entschlum­mern. Dies für Frankfurt erreicht zu haben, ist ein großer Verdienst von Joachim Becker und den Frankfurter Ornithologen.

Wolfgang Mädlow