66 Schriftenschau
Einleitende Kapitel gehen auf die Geschichte avifaunistischer Untersuchungen nach 1945, auf die naturräumliche Gliederung und die Stadtentwicklung, auf die Entwicklung der Brutvogelwelt und auf wichtige Gebiete ein. Der spezielle Teil wird mit Informationen zur Datengrundlage und zur Darstellungsform eröffnet. Alle Arten, die bisher im Berliner Stadtgebiet brütend nachgewiesen wurden, werden behandelt (ausgestorbene Arten nur mit einer kurzen Angabe zum Aussterbejahr). Die Arttexte sind in die Abschnitte Verbreitung, Bestand und Bestandsentwicklung gegliedert. Für die ausgewählten Arten sind halbseitige Karten beigefügt, in denen die Reviere(meist 1993-97) punktförmig dargestellt sind. In den Karten sind Wälder, Gewässer, große Straßen und die beiden Flughäfen farbig hinterlegt, so dass eine Orientierung leicht möglich ist. Bei häufigen Arten erfolgt statt der Kartendarstellung eine Auswertung von Siedlungsdichteuntersuchungen seit Mitte der 80er Jahre, wobei besonders hohe oder niedrige Werte(im Vergleich zur Übersicht von FLADE 1994) hervorgehoben sind. Der Text konzentriert sich stark auf das Vorkommen in den 90er Jahren, auch wenn zur Dokumentation der Bestandsentwicklungen ältere Daten mit zitiert werden. Bei vielen Arten sind Bestandsentwicklungen in ausgewählten Gebieten in Grafiken dargestellt. Im Anhang finden sich eine sehr nützliche Aufstellung von Siedlungsdichtedaten(nach Arten getrennt) sowie eine Liste der wichtigen Brutgebiete mit kurzen Erläuterungen. Das Buch ist durchgängig zweifarbig und großzügig gestaltet. Zahlreiche Vignetten(von N. Kraneis) sind in sehr unterschiedlichem Stil gezeichnet(manchmal sind die Vogelgestalten nur mit wenigen Strichen angedeutet), aber überwiegend sehr treffend und lockern das Buch auf. Geschickt ausgewählte Farbfotos zeigen Aspekte der städtischen Brutvogelwelt, beispielsweise einen Rohrweihen-Brutplatz zwischen Hochhäusern und einen Gebäudebrutplatz der Elster.
Durch die Kartierung ausgewählter Arten, zahlreiche Siedlungsdichteuntersuchungen, eine Feingitterfeldkartierung auf Teilflächen und die umfangreiche Auswertung von Zufallsbeobachtungen liegt den Artbearbeitungen ein umfangreiches Material zugrunde, was oft viel präzisere Aussagen zur Häufigkeit und Bestandsentwicklung ermöglicht, als es uns in anderen Gebieten der Mark Brandenburg möglich ist. Die Karten zeichnen ein eindrucksvolles Bild davon, in welchem Umfang die verschiedenen Arten bis in die innerstädtischen Bereiche vordringen, aber auch, welcher Artenreichtum in einzelnen Gebieten am Rand des Ballungszentrums erreicht werden kann. Kenner der Berliner Avifauna werden sicher bald Datenlücken entdecken. Etwa ein Drittel des Stadtgebietes wurde nicht speziell untersucht. Für die meisten seltenen Arten ist dies nicht gravierend, da zum einen die wichtigen Stadtrandgebiete erfasst wurden, zum anderen die Datenlücken durch Zufallsbeobachtungen geschlossen werden konnten. Für einige unauffälligere Arten, die auch den bebauten Bereich besiedeln(z.B. Heckenbraunelle) dürften die Lücken dagegen durchaus beträchtlich sein. Zur Beurteilung der Datensicherheit und für spätere Vergleiche wäre es nützlich gewesen, wenn die Kartierungslücken in der Einleitung genauer benannt worden wären. Die Qualität der Auswertung und der daraus abgeleiteten Schlüsse zur Bestandsentwicklung und zum Gesamtbestand werden durch die Lücken aber nicht im Kern beeinträchtigt.
Die vereinigten Berliner Ornithologen haben mit diesem Buch nicht nur bewiesen, dass sie zu einem großen und hochwertigen Gemeinschaftswerk trotz lockender ornithologischer Hotspots außerhalb der Stadtgrenzen noch immer in der Lage sind, sondern auch erneut demonstriert, wie viele ökologisch und faunistisch hochinteressante Informationen sich durch intensive Bearbeitung auf einer Fläche gewinnen lässt, die von der Artenausstattung her auf den ersten Blick nicht so sehr attraktiv erscheint.
Wolfgang Mädlow