Heft 
Band 10
Seite
80
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GEORGE, K.

Diskussion

Für das in vorliegender Arbeit betrachtete Gebiet gilt die Einschätzung von ZINK (1987): In den mittleren und nördlichen Teilen des europäischen Verbreitungsgebietes vorwiegend Zugvogel, ist aber in meist geringer Zahl auch im Winter anzutreffen(vgl. auch WAWRZYNIAK& SOHNS in ABBO 2001). Männchen und Weibchen zeigen erkennbar differenziertes Zugverhalten. Hin­sichtlich des zeitlichen Ablaufs wurde dies für die Rohrammer mehrfach beschrieben(z. B. Dorsch 2000). Die nach Geschlechtern differenzierten Zugziele der Rohrammern wurden jedoch erstmals durch GEORGE(2002) am Beispiel der in den Ländern Mecklenburg-Vorpom­ mern und Sachsen-Anhalt beringten Vögel untersucht. Um die dort getroffene Aussage, wonach Weibchen etwa 200 km weiter weg ziehen als Männchen, weiter abzusichern, wurden hier die Wiederfunde der in Brandenburg beringten Rohrammern analysiert. Dass dafür vergleichs­weise wenige Datensätze zur Verfügung standen, lag auch daran, dass durch die Beringer oft keine Geschlechtsbestimmung erfolgte. Umso größer die Überraschung einer offensichtlichen Übereinstimmung: In Brandenburg beringte Weibchen zogen 199 km weiter als Männchen! Zusammenfassend für die drei Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sowie Brandenburg ergibt sich somit das in Tab. 1 dargestellte Bild. Der Unterschied der beiden mittleren Zugentfernungen beträgt 210 km. Dieser Unterschied ist hochsignifikant(t= 3,675, p< 0,001).

Tab. 1: Mittlere Entfernung zwischen Beringungs- und Überwinterungsorten von in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern , Brandenburg und Sachsen­ Anhalt beringten Rohrammern nach Geschlechtern.

Table 1: Mean distance between ringing location and wintering areas of male and female Reed Buntings ringed in Mecklenburg-Vorpommern , Brandenburg and Sachsen-Anhalt .

Geschlecht Anzahl Ringvögel Mittlere Entfernung Streuung km)(km)

Männchen 86 23 341

Weibchen 54 1.423 309

Dass bei vielen Kurz- und Mittelstreckenziehern, bei denen alle Mitglieder einer Population wandern, Männchen weniger weit als die Weibchen ziehen, wusste bereits BERTHOLD(1992) und beklagte, dass darüber eine gute Übersicht fehlt. Über die Bedeutung eines differenzierten Zugverhaltens scheint man dagegen einig. So ermöglicht ein kürzerer Heimzugweg den Männ­chen eine frühere Rückkehr ins Brutgebiet, wo sie dann unter anderem mit einem rechtzeitig besetzten guten Revier um ein Weibchen als Brutpartner werben können. Durch Anwendung der Methoden Fang und Beringung konnten die Verhältnisse hinsichtlich eines entsprechend differenzierten Zugverhaltens bei der Rohrammer nun weiter aufgeklärt werden.