176 Diplomarbeiten& Dissertationen
So nutzten beide Spechtarten bei der Suche nach tierischer Nahrung den vorhandenen Totholzanteil der Buchen überproportional, der Buntspecht saisonal überwiegend das liegende, der Mittelspecht und der Kleiber das stehende Totholz. Dabei spielten auf den Referenzflächen neben den Baumruinen die fast toten Bäume eine entscheidende Rolle. In den Wirtschaftswäldern wurden die in sehr geringen Anteilen vorhandenen Eichen von allen Arten verhältnismäßig stark genutzt, beim Mittelspecht saisonal sogar mehrheitlich. Während sich beim Kleiber die Technik des Nahrungserwerbes zwischen den einzelnen Untersuchungsgebieten kaum unterschied, zeigte sich beim Mittelspecht hierzu ein inhomogenes Bild, während beim Buntspecht das Hacken auf der Referenzfläche eine weitaus größere Rolle spielte als in den untersuchten Wirtschaftswäldern. Daneben wurden im Rahmen der nahrungsökologischen Aufnahmen eine Vielzahl weiterer Einzelergebnissen zur Nutzung der Baumstrukturen und-substrate durch die untersuchten Arten während der Nahrungssuche ermittelt und diskutiert. Der Mittelspecht beschränkte in den Referenzflächen seine Nahrungssuche am lebenden Substrat ausschließlich auf Bereiche mit hoher Oberflächendiversität, mehr oder minder stark aufgerauter Rinde und sogenannte»Rindenstörstellen« wie Rindenrisse aller Art, Astnarben, Rindenknollen und Krebsgeschwüre. Diese Strukturen finden sich in alten, unbewirtschafteten Buchenwäldern wie den Heiligen Hallen und dem Faulen Ort in außergewöhnlich großer Zahl und Mannigfaltigkeit. Die von Buntspecht und Kleiber bevorzugten Strukturen, wie liegendes Totholz, tote und fast tote Buchen, ermöglichten es ihnen offenbar, auf den Referenzflächen mit deutlich höheren Siedlungsdichten zu brüten. Der Grund hierfür ist die Ausstattung der Referenzflächen mit Requisiten, die offenbar eine Optimierung des Habitats für die betrachteten Arten zur Folge haben. Hierzu zählen insbesondere stark dimensionierte Altbäume mit lichten, weit ausladenden Kronen, liegendes und stehendes Totholz unterschiedlichsten Zersetzungsgrades sowie Baumruinen. Im Falle des Mittelspechts sind diese Habitatrequisiten neben der o. g. hohen Strukturdiversität der Buchenoberflächen sogar die zwingende Voraussetzung seines Vorkommens in reinen Buchenwäldern. Daraus leitet sich die Hypothese ab, dass der Mittelspecht früher weite Teile der Tiefland-Buchenwälder besiedelt hat, ursprünglich also ein Charaktervogel von reinen Buchenwäldern gewesen ist. Aus den Ergebnissen wurden gezielte waldbauliche Konsequenzen zur Förderung der untersuchten Arten, insbesondere des Mittelspechts, im Zuge der Buchenbewirtschaftung abgeleitet. Neben einer anzustrebenden Dauerwaldbewirtschaftung der Bestände sind dies: - Anhebung der Zielstärke bei der Endnutzung der Buche zur Erhöhung der durchschnittlichen Stammdimensionen der Altbestände und zur Förderung einer strukturreichen Rinde - Sicherung stark dimensionierter Totholzanwärter und toter Bäume(z. B. Baumruinen) - Grundsätzliche Schonung von»Steinbuchen«(Buchen mit der Veranlagung zur Ausbildung einer rissigen Rinde) - Vereinzeltes Belassen von Bäumen mit der Veranlagung zur Bildung von Rindenknollen, besonders großen Krebsgeschwüren u.ä. im Zuge von Durchforstungsmaßnahmen. Die Diplomarbeit entstand im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens»Biologische Vielfalt und Forstwirtschaft- Naturschutzstandards für die Bewirtschaftung von Buchenwäldern im nordostdeutschen Tiefland« der Landesanstalt für Großschutzgebiete Brandenburg in Eberswalde , Projektleiter und zweiter Gutachter der Diplomarbeit war Martin Flade , Erstgutachter war Fritz Ludescher, Universität Essen.